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Herbstzeit kann loslassen bedeuten

Nach einem Sommer voller Fülle, Aktivitäten, langen Abenden und frühen Sonnenaufgängen, geht es im Herbst schon gemütlicher zu. Der Herbst lädt ein inne zu halten, ruhiger zu werden und wie die Bäume ihre Blätter das loszulassen, was wir nicht mehr brauchen.

 

Loslassen was wir nicht brauchen, was uns nicht guttut oder entspricht, was zu viel ist. Im Rausch des Sommers kommt uns vieles ganz leicht vor, wir denken vielleicht gar nicht darüber nach, ob die Dinge gut für uns sind, wie sie sind. Erst wenn es leiser wird – um uns herum und in uns – können wir besser hinhören, spüren und prüfen, wo es vielleicht zwickt, wehtut, anstrengt, nervt, belastet.  

 

Das kann das Chaos in der ein oder anderen Ecke der Wohnung sein, die überquellende Schublade in der Küche, die Garderobe mit all den Jacken, Mützen und Schuhen, die ja doch keiner mehr anzieht. Der Stapel Papierkram auf dem Tisch. Die unzähligen Fotos auf dem Handy, von dem nur jedes Zehnte gut ist. Wir dürfen dann aufräumen und ausmisten und am Ende geordnete Gemütlichkeit genießen. Loslassen kann Handlung bedeuten.

 

Aber auch auf der zwischenmenschlichen Ebene kann es etwas zu entrümpeln geben: das können Beziehungen sein, die in Schieflage sind oder Situationen im Beruf, die so nicht okay oder hinnehmbar sind. In den allermeisten Fällen reichen ein Perspektivenwechsel oder klärende Gespräche aus, um Angestautes zu sortieren und die Beziehung oder Situation zu klären. Loslassen kann Kommunikation bedeuten.

Womit sich Eltern häufig zusätzlich selbst beschweren, sind bestimmte Bilder, die sie im Kopf haben und denen sie zu entsprechen versuchen. Bilder einer perfekten Familie, einer allzeit entspannten Mutter, von immer fröhlichen Kindern und einem Vater, der immer gute Ideen und Lust zum Spielen hat und viele mehr. Natürlich dürfen wir uns Vorbilder setzen und uns Mühe geben. Mehr ist allerdings nicht zu tun. Sobald Eltern das angestrebte Ziel als druckauslösend und belastend erleben und sich schlecht fühlen, weil sie ihm nicht zu 100% entsprechen, lade ich sie ein, sich eine heiße Tasse Lieblingsgetränk zu schnappen, sich aufs Sofa zu werfen und sich ein Weilchen mit der Frage zu beschäftigen, warum es großartig ist, dass sie genau so Mutter/Vater/Familie sind wie sie es sind. Perfektion und Werbefamilien-Bilder loszulassen und sich selbst so zu feiern wie man ist, ist so erleichternd wie wohltuend. In der Folge entspricht man witzigerweise dem Bild des entspannten Elternteils gleich ein bisschen mehr, weil einem die Last von den Schultern genommen wurde anders zu sein als man eben ist. Loslassen kann Akzeptanz bedeuten.

 

Wenn es dann noch gelingt, das Wunschbild des Kindes loszulassen und es so anzunehmen wie es vielleicht schmutzig und frech oder auch zurückhaltend und stubenhockerisch vor einem sitzt, wird die familiäre Atmosphäre gleich noch einmal um Welten gemütlicher. Loslassen kann Liebe bedeuten.

Hanna Articus
Räume für Menschen

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