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Selbstmitgefühl


Wenn Kinder hinfallen, einen Fehler machen oder traurig sind, brauchen sie in erster Linie Zuwendung. Wir Erwachsenen wissen, wie wohltuend es ist, wenn jemand in einem schwierigen Moment sagt: „Das war bestimmt nicht leicht für dich. Ich bin da.“ Wenn Kinder in solchen herausfordernden Momenten des Lebens aufrichtiges Mitgefühl durch ihre Bezugspersonen erfahren, entwickeln sie zwei wichtige innere Fähigkeiten: Mitgefühl für andere Menschen und Mitgefühl für sich selbst. Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln ist bedeutend, da es die grundlegende Basis bildet, um wohlwollend und fürsorglich mit sich umzugehen. Selbstmitgefühl beinhaltet die Überzeugung „Es darf mir gut gehen“ und veranlasst einen Menschen zu selbstfürsorglichen Handlungen „Ich sorge gut für mich“.

Stellen wir uns eine alltägliche Situation vor: Ein Kind malt ein Bild, doch die Sonne sieht nicht so aus, wie es sich vorgestellt hat. Frustriert zerknüllt es das Blatt. In diesem Moment könnte ein Elternteil sagen: „Ach, ärgerlich, oder? Du hast dir das anders gewünscht. Das ist völlig okay. Manchmal klappt es nicht so, wie wir wollen. Du kannst es nochmal probieren.“ Die Botschaft lautet: Fehler sind erlaubt, Enttäuschung darf sein und man darf trotzdem freundlich zu sich selbst bleiben.

Wenn Eltern sich selbst im Alltag mit Mitgefühl begegnen, etwa indem sie bei einer vergessenen Rechnung nicht mit sich selbst schimpfen („Wie konnte ich nur so dumm sein!“), sondern innehalten und sagen: „Uff, das war unachtsam, aber es kann passieren. Ich versuche, es gleich zu regeln.“, leben sie ihren Kindern Selbstmitgefühl vor. Die Kinder sehen und verstehen, dass auch Erwachsene unperfekt sein dürfen und trotzdem liebevoll mit sich umgehen. Für sie selbst erkennen sie auf diese Weise, dass auch sie Fehler machen dürfen: „Ich darf traurig, wütend oder enttäuscht sein. Und ich kann mir selbst mit Wärme begegnen, statt mich abzuwerten“. Diese Haltung schenkt innere Stärke und Wärme für das ganze Leben.



Selbstwirksamkeit

Neben Mitgefühl brauchen Kinder die Erfahrung, dass ihr Handeln Folgen hat und einen Unterschied macht. Das Gefühl von Selbstwirksamkeit entsteht, wenn Kinder in vielen verschiedenen Situationen erleben: „Mein Tun hat Auswirkungen, mein Beitrag ist von Bedeutung.“

Ein Beispiel: die vierjährige Miriam möchte beim Tischdecken helfen. Für Erwachsene geht es vielleicht schneller allein, aber wenn Miriam die Servietten legt, erlebt sie, dass sie Teil des Ganzen ist und zudem schwierige Dinge schaffen kann. Später, wenn sie beim Backen den Teig umrührt oder beim Blumen gießen Verantwortung übernimmt, wird ihr Gefühl noch tiefer verankert und sie verinnerlicht „Ich gestalte mit. Ich wirke“.

Auch beim Lösen von Konflikten können Kinder Selbstwirksamkeit erfahren und weiterentwickeln: Sarah streitet mit Anton um ein Spielzeug. Statt die Situation sofort zu lösen, begleitet die Mutter behutsam: „Du bist traurig, weil du auch damit spielen möchtest. Magst du deinem Freund sagen, was du dir wünschst?“ Sarah versucht daraufhin selbstwirksam Worte zu finden spricht für sich. Sie erlebt, dass ihr Ausdruck Einfluss hat und die Situation lösen kann.

Darüber hinaus können Eltern Selbstwirksamkeit auch bei sich selbst sichtbar machen und so ein wertvolles Vorbild sein. Wenn Mama Lisa nach einem anstrengenden Tag sagt: „Ich merke, ich brauche frische Luft, deshalb gehe ich jetzt eine Runde spazieren“ sieht ihr Kind, dass Erwachsene auf ihre Bedürfnisse achten und danach handeln. So verinnerlicht es, dass es auch seine Bedürfnisse ernst nehmen darf und aktiv und selbstwirksam etwas tun kann, um selbst für sich zu sorgen.


Selbstmitgefühl und Selbstwirksamkeit gehören zusammen

Selbstmitgefühl und Selbstwirksamkeit sind wie zwei Flügel, die Kinder stark machen. Mit Mitgefühl lernen sie, sich in schwierigen Momenten nicht zu verurteilen, sondern sich selbst Halt zu geben. Mit Selbstwirksamkeit erfahren sie, dass sie Herausforderungen und schwierigen Momenten nicht ausgeliefert sind, sondern etwas bewirken können.

Wenn Eltern diese beiden Qualitäten im Alltag vorleben – bei kleinen Missgeschicken, im Umgang mit eigenen Bedürfnissen, bei gemeinsamen Aufgaben – dann schenken sie ihren Kindern einen inneren Kompass. Einen Kompass, der sie auch später trägt, wenn Herausforderungen groß werden: Sie wissen, dass sie sich selbst trösten dürfen und gleichzeitig die Kraft haben, Schritte zu gehen.


Seid gut zu euch!

Hanna Articus

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