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Worst Case? Kann ich!

Wenn Eltern in die direkte Zukunft blicken, sehen sie häufig vor ihrem inneren Auge harmonische, glückselige Bilder und entwickeln innerlich Erwartungen oder wünschen sich entsprechend ihrem aktuellen Befinden, wie die vor ihnen liegende Situation gleich ablaufen wird:

 

Marie holt Lara von einem Wochenende bei der Oma ab und denkt „Bestimmt ist Lara voll mit schönen neuen Erlebnissen und freut sich sehr darauf mir davon zu erzählen. Ich werde sie erstmal so richtig doll in den Arm nehmen.“

 

Michaela kommt von einem anstrengenden Arbeitstag nach Hause und freut sich darauf beim Abendessen zu erfahren, was die Kinder heute erlebt haben. Lasse hat bestimmt schon gekocht.

 

Katja freut sich auf einen leichten Nachmittag mit den Kindern auf dem Spielplatz, sie freut sich so darauf, ein paar Seiten in ihrem neuen Buch zu lesen.

 

Matze will mit Lisa und Marius noch schnell im Laden einkaufen, wenn er die zwei gleich vom Kindergarten abgeholt hat.

 

Endlich wieder einmal eine Einladung fürs Sommerfest. Okay, der Babysitter konnte nicht, dann nehmen sie die Kinder eben mit. Wird bestimmt schön: Lagerfeuer, andere Kinder, draußen spielen und tanzen…

Und dann…kommt alles ganz anders. Eltern lernen ziemlich schnell, dass Pläne zu machen noch lange nicht bedeutet, dass diese auch umgesetzt werden. Und obwohl sie das wissen, sind Frust und Enttäuschung häufig groß, wenn es unerwartet wieder mal anders kommt, als gedacht. Deswegen ist hilfreich im Vornhinein kurz über das schlimmstmögliche Szenario zu sinnieren. Es soll aber nicht beim pessimistischen schwarz malen bleiben: das Wichtigste an dieser Übung ist, einen konkreten Plan zu schmieden und sich richtig auszumalen, wie man selbst in diesem herausfordernden Moment souverän und gelassen das erwartete Chaos bewältigt. Zum einen sind Eltern dann nicht unerwartet negativ überrascht, zum anderen haben sie so einen Plan in der Tasche, den sie dann zumindest versuchen können in die Tat umzusetzen.

 

Marie weiß, wie gerne Lara bei ihrer Oma übernachtet und dass sie vermutlich nicht nur glücklich darüber ist, abgeholt zu werden. Und tatsächlich ist Lara stinkig, als sie Mama an der Türe stehen sieht, und möchte lieber noch bei Oma bleiben und will auch im ersten Moment so gar nicht umarmt werden. Erzählen kann sie auch nichts, weil Oma am Wochenende viel arbeiten musste. Oma stimmt zu, dass Lara noch eine Nacht bleiben kann, Marie bleibt auf einen Tee und freut sich über die extra freie Zeit und umarmt die jetzt fröhliche Lara wenigstens zum Abschied.

 

Michaela bleibt noch kurz vor dem Haus im Auto sitzen und überlegt, wie sie die auf sie zu stürmende Bande gleich händeln will, die wahrscheinlich alle gleichzeitig etwas zeigen und erzählen wollen, und sie entscheidet außerdem, was sie jetzt kurz zwischendurch essen will, bevor sie nachher eine Pizza in den Ofen schieben wird, falls Lasse nicht zum Kochen gekommen ist.

 

Katja ahnt, dass vor allem die zwei Kleinen erst einmal ausgiebig beim Klettern bestaunt werden wollen, bevor sie sich ihrem Buch widmen kann. Und nachdem sie die beiden dann auch noch ausdauernd angeschaukelt hat kommt sie dazu, neben den sandelnden Kindern ein Kapitel ihres Buches zu lesen.

 

Lisa und Marius wollen nicht nur nicht einkaufen gehen. Sie sind so müde und haben im Kindergarten so viel kooperiert, dass sie nicht abgeholt, nicht angezogen, nicht zur Bahn laufen wollen. Matze macht mit den beiden im Park so ausgiebig Pause, dass sie wenigstens noch im kleinen Laden das Nötigste einkaufen können. Matze hat schon vorher beschlossen, dass der Rest eben warten muss, sollten die Kinder heute nicht mehr in der Lage sein, den weiten Weg zum Supermarkt zu bewältigen.

 

Da es keine anderen Kinder auf dem Sommerfest gab und Lagerfeuer und die Erwachsenengespräche viel zu öde für die Kinder waren, haben Flo und Hanna schon im Vorhinein ausgelost, wer mit den Kindern im Worst Case nach Hause fährt und wer ausgiebig feiern darf. Heute macht sich Hanna mit den Kindern auf den Weg nach Hause, die müde und zufrieden in ihre Betten fallen.

Es geht hier nicht darum, immer den Kindern entsprechend zu handeln und ihnen Frust und Anstrengung zu ersparen. Es geht darum sie mitzudenken, nichts von ihnen zu erwarten, was sie nicht erfüllen können und kreative Lösungen zu finden, die die Bedürfnisse aller, d.h. auch die der Eltern miteinbeziehen. In all diesen Fällen übernehmen die Erwachsenen vollständig die Verantwortung für die Situation und halten das Ruder fest in der Hand. Auf diese Weise bleiben Eltern auch in schwierigen Momenten handlungsfähig, und es lastet kein Erwartungsdruck auf den Kindern. Als wunderbaren Nebeneffekt erlernen die Kinder so am Vorbild ihrer Eltern, wie man gelassen die Wellen des Lebens surft. Denn auch in nichtfamiliären Kontexten kommt es des Öfteren anders als gedacht. Oder?

 

Hanna Articus

Räume für Menschen

 
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