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Geschwister

Wie eine gute Beziehung gelingt

 

„Beziehungen der Geschwisterkinder zueinander entfalten ganz eigene Wirkkräfte und erzeugen damit dynamische Bewegungen im Gesamtgefüge der Familie. Es ist wie bei einem Schiff: Die Eltern müssen als Steuerleute auch mal ruhigere Gewässer ansteuern und leichte Kurskorrekturen vornehmen. Dies erfordert wache Aufmerksamkeit und wertschätzenden Umgang“, sagt der Familienberater und Buchautor.

Joachim Armbrust, Jahrgang 1958, ist Diplom-Sozialpädagoge und heilkundlicher Psychotherapeut mit fast 20-jähriger Berufserfahrung. Er berät Familien mit Erziehungsproblemen und gibt unter anderem Seminare zum Thema „Kommunikation in der Familie“.

Herr Armbrust, was haben Schwestern und Brüder voneinander?

Sie sind darauf angewiesen, sich zu arrangieren. So lernen sie schon früh, Konflikte zu lösen und Kompromisse zu finden. Schwestern und Brüder entdecken gemeinsam, wie man zusammen spielen, arbeiten und streiten kann, wie man sich beschimpft und wieder versöhnt. Das ständige Vergleichen und Beurteilen unter Geschwistern hat eine wichtige Funktion in der kindlichen Entwicklung, weil die Kinder so ihre Talente bestimmen und ihre Fähigkeiten und Leistungen messen können. Aus diesem Vergleich heraus entwickeln sie ihr Selbstbild. Geschwister haben eine ganze Kindheit Zeit, Gefühle und Verhaltensweisen im Umgang miteinander zu erproben. Dabei können sie feststellen, welche Strategien in welchen Situationen Erfolg versprechend sind.

 

Wie können Geschwister lernen, gut miteinander umzugehen?

Die folgenden Merksätze können ein guter Leitfaden für den Umgang der Geschwister miteinander sein. Auf den ersten Blick sind es widersprüchliche Botschaften. Aber sie lehren Kinder, sensibel feinste Nuancen zu unterscheiden. Dabei sollten ihnen die Eltern helfen. Die Merksätze: Haltet zusammen, aber verkriecht euch nicht vor der Welt! Spielt und arbeitet miteinander, aber macht euch nicht voneinander abhängig! Bringt Anregungen, Ideen und Impulse mit ein, aber werdet nicht rücksichtslos! Seid offen und wertschätzend, aber vertretet euren Standpunkt! Messt euch ruhig aneinander, aber dominiert die anderen nicht! Zeigt eure Größe, aber macht die anderen nicht klein! Seid treu und solidarisch miteinander, aber setzt ruhig auch mal eure Interessen durch!

Wie lässt sich Eifersucht vermeiden?

Gut ist es, wenn sich ein Elternteil immer abwechselnd um das Baby und das ältere Kind kümmern kann. Haben Erstgeborene sich daran gewöhnt, der oder die Älteste zu sein, übernehmen sie nicht selten die Verantwortung für ihre Geschwister, etwa beim Spielen.

Mit der Geburt des zweiten Kindes ändert sich für das erste alles. Die neue Situation macht unsicher. Oft greifen die Älteren dann auf Verhaltensweisen zurück, die sie längst schon abgelegt hatten. Ein Zeichen, dass sie nun besondere Fürsorge und Zeit brauchen.

Erstgeborene haben in der Geschwisterreihe oft das Sagen und rutschen in eine dominierende Rolle, die sie ein Leben lang beibehalten.Wichtig für nachfolgende Kinder: Eltern sollten sie nie mit dem ältesten Kind vergleichen, sondern sich Zeit nehmen, die Entwicklung auch der jüngeren Kinder genau zu beobachten. Denn das Zweite oder Dritte kann niemals eine Kopie des Ersten sein.

 

Ist es normal, dass Geschwister streiten?

Mit Geschwistern zu leben, ist ein Hin und Her zwischen akuten Krisen und wertvollen, erfüllenden Momenten. Streit unter Geschwistern ist deshalb normal – auch wenn Eltern dies manchmal nicht wahr haben wollen.

Sie können negative Gefühle der Geschwister füreinander nicht ausradieren. Dies hätte einen eher gegenteiligen Effekt. Schwestern und Brüder sind eben nicht immer ein Herz und eine Seele und konkurrieren oft um die Gunst von Mutter oder Vater. Doch mit Hilfe der Eltern können sie innige Gefühle füreinander entwickeln. Dann sind sie sich untereinander Spielgefährten, beste Freunde, Vertraute und Verbündete.

 

Sollten Eltern sich in Geschwisterstreit einmischen?

Nur durch Streiten lernen Kinder Konflikte zu lösen. Für Eltern kann es daher nicht darum gehen, Streit abrupt zu beenden und zu unterdrücken, sondern darum, ihn zu verstehen. Ein Kind, das Ärger über Eltern und Geschwister ausdrücken darf, erfährt: „Meine Gefühlsäußerungen tragen zur Veränderung und damit auch zur Entspannung bei.“ Das Kind erlebt seine eigene Wirksamkeit und entwickelt Selbstvertrauen. Je kleiner Kinder sind, desto weniger können sie mit ihren negativen Gefühlen umgehen. Da ist es oft nötig, dass Eltern den Streit beenden. Später aber, wenn die Kinder dafür offen sind, ist ein gemeinsames Gespräch wichtig. Jedes Kind sollte die Möglichkeit haben, seine Version zu erzählen und von sich, aber nicht über den anderen, zu sprechen. Solche Gespräche sind konstruktiv, und oft kommt es dabei zu brauchbaren Vereinbarungen.

 

Wie wichtig sind Freunde für Geschwisterkinder?

Geschwister können viel voneinander lernen und eine Menge Spaß miteinander haben. Aber sie können sich unmöglich ein Leben lang genügen. Teil der Entwicklung von Kindern ist, dass sie sich Schritt für Schritt aus dem familiären Milieu, das ihnen über viele Jahre der Kindheit Heimat gibt, herauslösen, um zu einem eigenen Leben zu finden. Die Familie und das vertraute Wohnumfeld geben zwar Halt, aber sie grenzen auch ein und legen fest. Ein Kind muss sich selbst orientieren können – nicht zuletzt, um herauszufinden, wie es die eigenen Familienerfahrungen, die erlernten Rollen und Werte für sich beurteilen will. Je besser die Kinder in der Welt eingebettet sind, dort ihre eigenständige Rolle finden und Freundschaften pflegen, desto freier und unvoreingenommener können sich die Geschwisterkinder begegnen. Denn das Anderssein wird dann nicht mehr nur im Streit und in der Abgrenzung erfahren, sondern auch im Aufsuchen von ungeteilten Räumen, die zu individuellen Erfahrungen führen. Es ist also wichtig, dass jedes Kind eigene Kontakte knüpft, etwa in der Spielgruppe, im Kindergarten und in der Schule.

Wie können Eltern jedem Kind gerecht werden?

Zunächst schreiben Eltern das Drehbuch für ihr Kind. Sie sind die ersten, die das, was sie von ihm wahrnehmen, in Worte kleiden, auslegen und ausdeuten. Daraus abgeleitet, schreiben sie jedem Kind Fähigkeiten, Begrenzungen und Merkmale zu, die es wiederum von seinen Geschwistern unterscheiden. Je fremder dabei das Wesen des Kindes dem der Eltern ist, desto mehr müssen diese einfühlend verstehen lernen. Je mehr das Wesen des Kindes dem der Eltern ähnelt, umso schwieriger ist es wahrzunehmen, dass sich das Kind trotzdem von ihnen unterscheidet. Aufgrund eigener Erfahrungen und Vorstellungen passiert es, dass Eltern durch eine eingeschränkte Wahrnehmungsbrille sehen und die Wirklichkeit des Kindes verkennen. Hier gilt es, eine für das Kind zufrieden stellende Balance zu finden. Wenn Eltern Liebe, Respekt und Fürsorge vermitteln, dann fühlen sich die Kinder ernst genommen und geachtet. Sie entwickeln ein positives Selbstkonzept: „Ich bin wer und ich kann was.“

 

Worauf sollten Eltern sonst noch acht geben?

Meine Erfahrung zeigt, dass viel zu oft die Pflege der Paarbeziehung mit ihren kleinen gegenseitigen Liebesbeweisen und der täglichen Wertschätzung füreinander in Vergessenheit gerät. Diese Nachlässigkeit ist häufig der Beginn für den späteren Verlust der Gemeinsamkeit. Die Pflege der Beziehung zwischen den Partnern ist für alle Familienmitglieder wie frische Luft, die die Herzen öffnet. Kinder sehen, ob ihre Eltern partnerschaftlich miteinander umgehen, sich in den Arm nehmen und füreinander da sind. Oder ob die Eltern ständig miteinander konkurrieren, sich aus dem Weg gehen oder aneinander leiden. Für den Umgang mit den Kindern gilt: Eltern sollten sich Zeit für sie nehmen und ihnen aufmerksam zuhören. Dann erfahren sie einiges über die Bedürfnisse ihrer Kinder. Gut ist es, öfter mal Abstand zu dem alltäglichen Geschehen in der Familie zu gewinnen. So gelingt es Müttern und Vätern, destruktive Verhaltensmuster zu erkennen und durch konstruktive zu ersetzen. Ein Beispiel: Wenn Eltern in einem ihrer Kinder nur noch den Störer sehen, dann läuft etwas schief. Es ist dann wichtig, dass Mutter und Vater in sich gehen, um die anderen Seiten ihres Kindes wieder zu entdecken.

 

Herr Armbrust, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Zur Webseite von Joachim Armbrust:www.Punkt-Genau-Seminare.de


Buchtipp

Joachim Armbrust:

Streit unter Geschwistern. So lösen Eltern erfolgreich Konflikte

In der Erziehung von Kindern spielen immer auch die Ursprungsfamilien der Eltern eine Rolle. Der Autor macht seinen Leserinnen und Lesern Mut, sich mit der eigenen Kindheit und der des Partners auseinander zu setzen. Wenn Elternpaare nämlich in Erwartungshaltungen verharren oder im gegenseitigen Vorwurf stecken bleiben, ist positives Wachstum so gut wie ausgeschlossen.

Joachim Armbrust sagt: „Wer Partnerschaft ernst nimmt, spürt schnell, wie wichtig die Sorgfalt in den alltäglichen Dingen ist.“ Pflegen Mutter und Vater diesen achtsamen Umgang miteinander, wird es ihnen auch gelingen, jedes Kind in seiner individuellen Persönlichkeit wahrzunehmen und zu fördern. In vielen Beispielen aus seiner langjährigen Beratungspraxis schildert der Autor den Alltag mit Geschwisterkindern - seine Konflikte, aber auch seine Sternstunden. Er gibt Tipps zur Problemlösung und ermuntert zu einer fairen Streitkultur.

Urania Verlag, 128 Seiten

 
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