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Birgit Laue: Vorbereitung auf die Geburt - Was Mütter wissen sollten

„Eltern wünschen sich eine Geburt in Sicherheit und vertrauensvoller Geborgenheit. Sie brauchen achtsame, respektvolle Begleiterinnen und Begleiter, mit denen sie ihr Kind möglichst nach ihren eigenen Vorstellungen zur Welt bringen können“, sagt die Hebamme Birgit Laue.

Birgit Laue, Jahrgang 1959, ist freiberufliche Hebamme und verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung in klinischer und häuslicher Geburtshilfe. Nebenbei ist sie als Medizinpädagogin und Fortbildungsreferentin für Hebammen, Ärzte und Apotheker tätig. Birgit Laue hat bereits mehrere Bücher und Fachartikel zu den Themen Schwangerschaft, Geburt und Baby geschrieben und in namhaften Verlagen veröffentlicht.

Wie kann das Paar sich aufs Elternwerden vorbereiten?

Menschen werden nicht als Eltern geboren. Um gemeinsam auf Entdeckungsreise in die Zukunft zu gehen, ist es ganz wichtig, dass die beiden miteinander über ihre gegenseitigen Erwartungen, über ihre Wünsche, Fantasien und Vorstellungen sprechen. Auch praktisch können sie sich gut vorbereiten, indem sie beide zusammen einen Geburtsvorbereitungs- und Säuglingspflegekurs besuchen und auch die Entscheidung über Babys Geburtsort gemeinsam treffen. Von Vorteil ist es außerdem, die Hebamme frühzeitig kennen zu lernen. Es ist gut, wenn die Chemie zwischen ihr und beiden Partnern stimmt. Wichtig ist auch, über die verschiedenen Elternzeitmodelle nachzudenken, damit eine individuelle Lösung gemeinsam gefunden wird. Der Kontakt zu anderen Elternpaaren kann bei den Überlegungen unterstützen und helfen, eigene Vorstellungen zu konkretisieren.

Eltern werden und Paar bleiben: Wie bekommt man das unter einen Hut?

Natürlich wird sich die Beziehung durch das Baby verändern – besonders, wenn es das erste Kind ist. Ich rate werdenden Eltern immer, sich regelmäßig kleine Auszeiten zu nehmen, etwas gemeinsam zu erleben, miteinander zu reden – über ihre Glücksgefühle, aber auch über ihre Sorgen rund ums Elternwerden. Ein Tipp: Die jungen Eltern sollten tagsüber gelegentlich telefonieren – vielleicht wie früher, als sie frisch verliebt waren. Jeder sollte sich für den Alltag des anderen interessieren, aber auch seine eigenen Bedürfnisse wichtig nehmen. Meine bewährten Tipps für künftige Eltern: Planen Sie von Anfang an Zeiten ein, in denen Sie etwas als Paar unternehmen können. Knüpfen Sie schon in der Schwangerschaft ein Netzwerk aus Verwandten und Bekannten. Nehmen Sie Angebote, Ihr Baby zu regelmäßigen Zeiten zu betreuen, ruhig an. Wenn Sie Ihr Baby früh an solche festen Termine mit anderen Bezugspersonen gewöhnen, wird es sich auf den regelmäßigen Abend mit Oma oder der lieben Nachbarin freuen. Falls dies nicht möglich ist, können Sie, wenn Ihr Baby auf der Welt ist, auch an einem festen Tag in der Woche den abendlichen Spaziergang für bewusste Partnergespräche reservieren. Ihr Nachwuchs schlummert dabei selig im fahrenden Kinderwagen.

Ich werde mein Kind allein erziehen. Wie meistere ich das?

In vielen Gemeinden gibt es Angebote für Alleinerziehende. Sie können beim Jugendamt erfragt oder der Tagespresse entnommen werden. Eine Anlaufstelle für alle wichtigen Informationen ist der VAMV (Verband allein erziehender Mütter und Väter (www.vamv.de). Mein Rat für allein Erziehende: Nutzen Sie Ihren Bekanntenkreis zur alltäglichen Unterstützung. Schließen Sie sich mit anderen Eltern zusammen. Das erleichtert und bereichert Ihren Alltag. Wenn Sie oft mit wenigen ausgesuchten Personen zusammen sind, wird Ihr Kind diese rasch als weitere Bezugsperson anerkennen. Vor allem wenn Sie bald wieder arbeiten gehen möchten, sollten Sie sich in der Schwangerschaft nach Möglichkeiten der Kinderbetreuung umschauen.

Worauf sollten werdende Eltern achten, wenn sie sich für eine Geburtsklinik entscheiden?

Vor allem sollten sie sich Klarheit darüber verschaffen, was ihnen für sich selbst und ihr Kind wichtig ist. Im Geburtsvorbereitungskurs wird häufig über Erfahrungen mit den umliegenden Kliniken gesprochen, und es werden Kreißsaalführungen angeboten. Die Einstellung des geburtshilflichen Teams sollte sich mit den Vorstellungen und Bedürfnissen der werdenden Eltern decken. Dabei spielen Respekt, Zuwendung und gegenseitige Achtung eine größere Rolle als zum Beispiel die optische Gestaltung. Einige Geburtskliniken tragen übrigens das von der Weltgesundheitsorganisation vergebene Zertifikat „Babyfreundlich“, weil sie sich in besonderer Weise für Stillen und frühe Mutter-Kind-Bindung in den ersten Lebenstagen stark machen. Mehr dazu auf der Internetseite www.babyfreundlich.org

Sind Geburtshäuser auf Komplikationen vorbereitet?

Geburtshaushebammen betreuen Frauen, die bei ihnen entbinden möchten, meist schon in der Schwangerschaft. Sie kennen, ebenso wie Hausgeburtshebammen, die Grenzen der außerklinischen Geburtshilfe und wissen um ihre Verantwortung. Es gibt Risiken, die eine Geburt im Geburtshaus ausschließen, zum Beispiel Beckenendlagen, Mehrlingsgeburten, Stoffwechselerkrankungen der Mutter, Frühgeburten oder kindliche Mangelversorgung durch eine unzureichende Plazentafunktion. Sollte es bei der Geburt unvorhergesehene Komplikationen geben, wird die Gebärende zu medizinischen Eingriffen fast immer in eine Klinik verlegt. Die Geburtshaushebamme wird sie in der Regel dorthin begleiten.

Kann eine Frau ihr erstes Kind grundsätzlich auch zu Hause zur Welt bringen?

Grundsätzlich ist eine Geburt ein natürlicher Vorgang, der keines besonderen medizinischen Eingriffs bedarf. Bei einer problemlos verlaufenden Schwangerschaft spricht also nichts gegen eine Hausgeburt. Die werdenden Eltern sollten sich baldmöglichst mit einer Hausgeburtshebamme in Verbindung setzen. Leider ist das aber – je nach Wohnort – nicht immer ganz einfach. Es gibt nur wenige auf Hausgeburten spezialisierte Hebammen, und sie sind noch dazu häufig ausgebucht. Weil sie sich ihrer großen Verantwortung bewusst sind, nehmen die Hebammen nämlich nur eine bestimmte Anzahl von Betreuungen an, um die Bereitschaftsdienste und die Versorgung jederzeit gewährleisten zu können. Niedergelassene Frauenärzte, die gern zu einer Hausgeburt kommen, sind sehr selten. Außerdem sind die Versicherungsbeiträge zur Berufshaftpflicht für ärztliche Geburtshelfer meist so hoch, dass es sich kaum lohnt, wegen einer Hausgeburt den lukrativeren Praxisbetrieb ruhen zu lassen. Solange die Geburt normal verläuft, ist die Anwesenheit eines Arztes bei der Geburt auch nicht notwendig und nicht gesetzlich vorgeschrieben.

Was sind die Vorteile einer Wassergeburt?

In einer Gebärwanne fördert die angenehme Temperatur von 37 Grad eine gute Durchblutung und verbessert damit die Stoffwechseltätigkeit in vielen Gewebebereichen. Überanstrengte Muskulatur wird entkrampft. Schmerzen werden gelindert. Die Frau kann sich besser entspannen. Eine entkrampfte, gut durchblutete, leicht bewegliche Muskulatur schmerzt weniger. Das Gewebe lässt sich dann ohne schmerzhafte Verletzungen besser dehnen. Deshalb gibt es bei Wassergeburten auch seltener einen Dammschnitt. Die Geburt verläuft auch bei großen Kindern oft schneller, weil die Beckenbodenmuskulatur elastischer ist und den dehnenden Kräften des Kindes weniger Widerstand bietet.

Ist eine Wassergeburt denn nicht gefährlich für das Baby?

Nein, denn Neugeborene verfügen über eine ganz spezielle natürliche Schutzfunktion. Der so genannte Diving- oder Tauch-Reflex verhindert, dass sie nach der Geburt Wasser in die Lungen einatmen. Denn der Atemreflex wird erst ausgelöst, wenn das Baby an die Wasseroberfläche und damit zum ersten Mal mit Luft in Berührung kommt. Es besteht also keine Gefahr. Bei hygienisch einwandfreiem Zustand der Gebärwanne besteht normalerweise auch kein Infektionsrisiko für das Baby.

Woran erkennt man, ob die Geburt bald beginnt?

Es gibt so genannte unsichere und sichere Anzeichen. Ein unsicherer, aber ziemlich häufiger Vorbote der baldigen Geburt ist der unbezähmbare Drang, das „Nest“ noch in Ordnung zu bringen, den die allermeisten Frauen einige Tage vor der Geburt verspüren. Auch zunehmende Rückenschmerzen oder ein leichter Durchfall deuten kurz vor dem errechneten Termin darauf hin, dass es wahrscheinlich bald losgeht. Es kann außerdem sein, dass sich das Kind jetzt nicht mehr so viel bewegt. Ganz sichere Zeichen sind das Verlieren von Fruchtwasser oder regelmäßige Wehen, die in ihrem Verlauf immer kräftiger werden.

Wie unterscheiden sich Vorwehen von echten Geburtswehen?

Vorwehen sind Zeichen für zunehmende Arbeitsbereitschaft der Gebärmutter. Sie sind in Abständen, Dauer und Stärke sehr unrhythmisch und lassen sich oft durch entspannende Maßnahmen beeinflussen. Eröffnungswehen dagegen kommen regelmäßig, nehmen an Häufigkeit und Dauer zu und sind meist nicht mehr aufzuhalten. Der Übergang von Vorwehen zu Geburtswehen kann sich auch einige Tage hinziehen. Vorwehen können bereits regelmäßig auftreten. Sie haben aber die Eigenart, bei Entspannung zu verschwinden.

Wer untersucht das Baby nach einer Hausgeburt?

Die so genannte U1, die Unterrsuchung in der ersten bis vierten Lebensstunde, wird normalerweise unmittelbar nach der Geburt von der Hebamme, von der Frauenärztin oder vom Kinderarzt durchgeführt. Die Untersuchung dient dazu, eventuelle Fehlbildungen oder Geburtsverletzungen des Kindes zu erkennen, die sofortiges Handeln erfordern. Man beurteilt unter anderem Hautfarbe, Fontanellen, Gelenke und Wirbelsäule sowie Herz und Lunge, den Bauch und die Genital- und Analregion. Daran schließt sich die Bewertung nach dem APGAR-Score an. Bei einer Geburt zu Hause oder im Geburtshaus übernimmt diese Erstuntersuchung fast immer die Hebamme. Sie weiß, worauf sie besonders achten muss. Sie wird aber auch, wenn es nötig ist, einen Kinderarzt hinzuziehen.

Was ist eigentlich der APGAR-Test?

Das APGAR-System wurde von der Ärztin Virginia Apgar entwickelt. Es dient dazu, den Zustand des Neugeborenen zu beurteilen. Dazu werden eine, fünf und zehn Minuten nach der Geburt Babys Hautfarbe, Atmung, Herzschlag, Muskelspannung und die Reflexe mit 0 bis 2 Punkten pro Merkmal beurteilt. Die Summe ist wichtig, um bei Bedarf sofort mit geeigneten Maßnahmen reagieren zu können. Der erste Gesamtwert liegt meistens bei neun Punkten, weil Neugeborene eine Minute nach der Geburt noch nicht ganz rosig, sondern eher noch bläulich aussehen. Die Werte sagen über die zukünftige Entwicklung des Kindes nichts aus. Das beliebte Wetteifern unter frischgebackenen Eltern über die Punkthöhe ist völlig überflüssig.

Frau Laue, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Buchtipp

Birgit Laue:

1000 Fragen an die Hebamme.

Empfohlen vom Deutschen Hebammenverband (DHV)

In diesem umfassenden Ratgeber finden Schwangere und junge Mütter eine große Vielzahl an wichtigen Informationen. Fundiert, einfühlsam und trotzdem leicht verständlich beantwortet die erfahrene Hebamme Birgit Laue in sieben Kapiteln alle Fragen zu Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Babyernährung und –pflege bis hin zu Recht und Finanzen. Sie erklärt, erklärt, wie die Geburt verläuft und wie sie für die Eltern zu einem unvergesslichen Erlebnis wird.

Sie beschreibt, was das Neugeborene braucht, wie das Stillen in Gang kommt und wann es Zeit für die erste Beikost wird. Auch Babys Entwicklung widmet die Autorin ein eigenes Kapitel: Welche Fortschritte macht das Kleine im ersten Lebensjahr? Was hilft beim Durchschlafen? Was tun, wenn das Baby krank wird? Ein umfangreiches Glossar mit wichtigen Adressen und Buchtipps rundet den Ratgeber ab, der für junge Eltern ein wichtiger Begleiter durch Babys erstes Jahr ist und ihnen das Handwerkszeug mit auf den Weg gibt, das Mütter und Väter sicher und gelassen für den Alltag mit ihrem Kind macht.

560 Seiten, Gräfe und Unzer Verlag, 19,90 Euro

 
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