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Das spielgut-Prüfzeichen auf Kinderspielzeug

Ein Interview mit Ingetraud Palm-Walter

"...Spielsachen sind nur so gut, wie ihr schwächstes Teil. Die Enttäuschung der Kinder über unverschuldeten Schaden müssen wir ernst nehmen. Ihr Vertrauen in die Erwachsenenwelt basiert auch auf der Brauchbarkeit des Spielzeugs, das wir ihnen geben" , sagt Ingetraud Palm-Walter.

Ingetraud Palm-Walter ist Erzieherin, Mutter von drei Kindern und Vorstandsmitglied bei spiel gut.


Frau Palm-Walter, könnten Sie uns bitte erzählen, wie spiel gut entstanden ist?

Die Idee zu einer Ausstellung von „Schönem Spielzeug“ entstand 1954 im Museum Ulm.  Herbert Peè, der Leiter des Museums veranstaltete schon damals Verbraucher-Ausstellungen mit Möbeln, Küchen und Haushaltsgeräten. Zu dieser Zeit hielt der Jurist und Spielzeughersteller Roderich Graf Thun an der Volkshochschule Ulm Kurse zum Thema „Das richtige Spielzeug im technischen Zeitalter“ und es bot sich an, ihn bei der Zusammenstellung der Ausstellung um Unterstützung zu bitten. In Katalogen und Spielzeuggeschäften wurde nach Spielzeug für die Ausstellung Ausschau gehalten. Und da die Ausstellung vom Museum ausging, stand zunächst  das „Schöne“ im Vordergrund. Beim Begutachten und Sortieren  der ausgesuchten Spielsachen stellte sich aber heraus, dass das Spielzeug auch „gut“ und nicht nur „schön“ war.„Gut“ bedeutete, dass die Ausstellungstücke Funktionalität und gute Form vereinigten, sie waren geeignet, die Fantasie anzuregen und nicht einzuengen.Graf Thun war es dann, der sagte, der Titel der Ausstellung müsse nicht „Schönes Spielzeug“, sondern „Gutes Spielzeug“ heißen. Außerdem sollte mit der Ausstellung auch eine Beratung einhergehen. Deshalb gab es keinen Ausstellungskatalog, sondern einen Ratgeber: „Gutes Spielzeug – Kleines Handbuch für die richtige Wahl“.Dieses Buch wurde seit Bestehen von spiel gut immer wieder überarbeitet und weiterentwickelt und heißt heute „Vom Spielzeug und vom Spielen“.

Was sind die Ziele von spiel gut?

spiel gut will die Öffentlichkeit auf die Bedeutung des Kinderspiels aufmerksam machen und Empfehlungen zu gutem Spielzeug geben.


Wie testet spiel gut Spielzeuge?

Die Spielsachen gehen zuerst in den Praxistest, d.h. Familien, die Kinder im entsprechenden Alter und Interessen haben, bekommen das Spielzeug.Die Kinder sollten möglichst nicht wissen, dass dies ein Test ist. Es soll eineganz normale Situation sein, in der das Spielzeug getestet wird. Deshalb wird auch keine „Testzeit“ vorgegeben, sondern die Familie oder die Institution entscheidet selbst, wann sie genügend Erkenntnisse gesammelt hat. Diese hält sie in einem Fragebogen fest. Das Spielzeug und der ausgefüllte Fragebogen geht dann wieder nach Ulm in die Geschäftstelle zu einer Begutachtungssitzung. Dort haben sich verschiedene Fachleute versammelt. Das Testergebnis wird vorgestellt und die Ergebnisse diskutiert und mit Ergebnissen früherer Tests ähnlicher Spielsachen verglichen.Ist die Mehrheit für eine Auszeichnung, bekommt der Hersteller eine Urkunde und kann mit dem spiel gut Siegel werben. Das spiel gut ausgezeichnete Spielzeug wird auf der spiel gut-Homepage veröffentlicht.Wird das Spielzeug nicht ausgezeichnet, bekommt der Hersteller einen Brief mit der Begründung. Dass so viele Hersteller ihre Spielsachen zum Test schicken, liegt sicher auch an dieser detaillierten Begründung, die oft für die Weiterentwicklung der Spielsachen verwendet wird.


Bhavatí - Spiel von Kraul

Welche Kriterien haben Sie bei der Bewertung von Spielzeugen?

Wir haben folgende Kriterien aufgestellt, die Eltern auch beim Kauf von Spielzeugen generell anwenden können: 


- Fantasie und Vorstellungsvermögen
Das Spielzeug soll die Fantasie anregen und nicht einengen. Dabei werden heute viel mehr Details zugelassen, als vor Jahren. Der Einsatz von Elektronik bei klassischem Spielzeug wie z.B. Puppen wird aber weiterhin abgelehnt. Sprechpuppen können die grenzenlosen Gespräche zwischen Kind und Puppe weder ersetzten noch dazu anregen.  

- Spielmöglichkeiten
Das Spielzeug soll vielseitig zu verwenden oder ausbaufähig sein. Das Kind soll die Möglichkeit haben, selbst aktiv zu werden.  

- Umwelterfahrungen
Das Spiel folgt den täglichen Umwelterfahrungen und den besonders eindrucksvollen Erlebnissen des Kindes. Zum Umfeld der Kinder gehören heute auch das Fernsehen und die Computerspiele. Spielzeug soll die Auseinandersetzung mit den Themen unterstützen, die das Kind beschäftigen. 

- Größe und Gewicht
Die richtige Größe des Spielzeugs hängt vom Spielzweck und vom Alter der  Kinder ab. Ein riesengroßer Teddybär eignet sich nicht gut zum überallhin begleitenden Freund.  Spielfreude und Spielerfolgkönnen von der richtigen Menge des Spielzeugs abhängen. Ein Bau-Grundkasten muss so viele Teile enthalten, dass sich vernünftig damit bauen lässt. In den letzten Jahren hat sich die Art des Angebotes von Konstruktionsmaterial gravierend verändert.  Früher gab es einen Grundkasten und dazu Erweiterungskästen. Die Kinder konnten nach eigenen Vorstellungen bauen und sich mit dem Material vertraut machen. Heute werden als Einstieg in ein Bausystem schon Modelle angeboten. Kinder erfahren so eine deutliche Überbewertung des „Nachbauens“ bzw. des Bauens nach Bauplan. Bauen nach Plan ist an sich nicht negativ. Selbst erfinden sollte aber im  Vordergrund stehen. 

- Gestaltung, Form und Farbe
beeinflussen auch die Spielmöglichkeiten und die Vorstellungswelt. Überflüssige Dekorationen lenken vom eigentlichen Spiel ab.  

- Konstruktion und Mechanik
müssen von den Kindern, für die es gedacht ist, auch verstanden werden. Im Laufe der Jahre hat sich gezeigt, dass immer jüngere Kinder mit verhältnismäßig komplizierten Konstruktionen umgehen können. 

- Altersangabe
Spielzeug ist meistens für eine bestimmte Altersgruppe vorgesehen und wird dafür produziert. Es muss deshalb den Ansprüchen der entsprechenden Altersgruppe in jeder Beziehung genügen. Ein Spielzeug, das nur Kleinkinder interessiert, aber die Geschicklichkeit älterer Kinder verlangt, ist unbrauchbar und kann nur enttäuschen.

Ist  Sicherheit auch ein Kriterium der Auswahl?

Selbstverständlich. In den 70er Jahren wurde eine Europäische Sicherheitsnorm für Spielsachen entwickelt. Dies war für spiel gut Anlass, auch die Sicherheit als Kriterium in die Spielzeugbeurteilung mit aufzunehmen. Die Sicherheitsnormen sind für alle EG-Länder rechtsverbindlich. In den Normen sind für jede Spielzeuggruppe bestimmte Sicherheitsanforderungen festgelegt. Beim Spielzeugtest durch spiel gut wird das Spielzeug auch auf seine „Verhaltenssicherheit“ hin überprüft. Es wird z.B. beobachtet, ob beim Umgang mit dem Spielzeug Risiken entstehen. Evtl. ist dann die Altersangabe für das Spielzeug anders anzusetzen.


Warum sollten Eltern auf das Material und die Haltbarkeit von Spielzeugen achten?

Material und Haltbarkeit müssen dem Spielzweck und der Dauer des Gebrauchs entsprechen. Auch Spielsachen sind nur so gut, wie ihr schwächstes Teil. Die Enttäuschung der Kinder über unverschuldeten Schaden müssen wir ernst nehmen. Ihr Vertrauen in die Erwachsenenwelt basiert auch auf der Brauchbarkeit des Spielzeugs, das wir ihnen geben.Das Material und die Verarbeitung haben sich in den letzten Jahren insgesamt verbessert, d.h. die Qualität der Spielsachen ist immer seltener Grund für Beanstandungen.


Spielen Allergien und Umweltschutz eine Rolle bei Ihrer Bewertung?

1989 kam das Kriterium „Umweltverträglichkeit“ hinzu. Der Umweltschutzgedanke verbreitete sich in den 80iger Jahren auf allen Gebieten, und auch spiel gut bezog den Umweltschutz in die Beurteilung mit ein. Seitdem muss jeder Hersteller vor dem Test angeben, welche Materialien er zur Herstellung seines Spielzeugs verwendet. Ob ein Spielzeug dann als umweltverträglich eingestuft werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Verwendetes Material, Energieaufwand und Umweltbelastung bei der Produktion, beim Gebrauch und bei der Entsorgung. Die Langlebigkeit, Reparierbarkeit des Spielzeugs und die Widerverwendbarkeit des Materials. Außerdem ist der direkte Gesundheitsschutz der Kinder zu bedenken.


Spielt der Preis eine Rolle bei der Begutachtung?

Gutes Spielzeug gibt es in jeder Preislage. Bei der Beurteilung wird der Preis in der Regel nicht berücksichtigt. Der Verbraucher soll selbst entscheiden, ob er für das jeweilige Spielzeug so viel Geld ausgeben möchte, wie es kostet.


Wer wählt die Spielzeuge aus?

Die Spielsachen werden von spiel gut-Mitgliedern und MitarbeiterInnen der Geschäftstelle auf der Spielwarenmesse in Nürnberg ausgewählt. Es werden alle Firmen besucht, von denen spiel gut bisher Spielzeug getestet hat. Außerdem wird auch nach neuen Firmen bzw. Neuheiten Ausschau gehalten.Bei den Messenachbesprechungen wird schließlich festgelegt, was bei den Herstellern bestellt wird.In den letzten Jahren kommen aber viele Firmen auch während des Jahres auf spiel gut zu und möchten ihre Spielmaterialien testen lassen. Ebenso neue Firmen oder Spieleerfinder, die die Meinung des Gremiums einholen möchten.



Wie können Eltern erfahren, welche Spielzeuge einen Preis gewonnen haben?

Auf unserer Homepage werden die Auszeichnungen veröffentlicht. Angestrebt ist eine Überarbeitung der Seite, damit die Spielsachen besser gesucht bzw. gefunden werden können.Unsere CD-Rom mit allen spiel gut-ausgezeichneten Produkten, sowie mit Suchfunktion und Erklärungen zum Gebrauch ist gerade erschienen. In dieser Art soll ab nächstem Jahr auch das spiel gut-ausgezeichnete Spielzeug auf unserer Homepage www.spielgut.de dargestellt werden.


Gibt es noch weitere Publikationen von spiel gut oder andere Möglichkeiten sich zu informieren?

spiel gut-Mitglieder kommen auch zu Ihnen und halten Vorträge in Kindergärten und Familienbildungsstätten. Im Dezember kam unser komplett überarbeitetes Buch „Sicherheit und Risiko bei Kinderspiel und Spielzeug“ heraus.

Frau Palm-Walter, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Bücher und Broschüren 

Neu erschienen ist das "Sicherheit und Risiko bei Kinderspiel und Spielzeug".
Zudem gibt es ein Grundsatzbuch von spiel gut  „Vom Spielzeug und vom Spielen“, in dem die Entwicklung des kindlichen Spiels beschrieben ist und das Eltern erklärt, welches Spielzeug für welches Alter geeignet ist und worauf man achten kann sowie die Broschüren „Spielzeug schenken leichter gemacht + Viel Spiel für wenig Geld“, „Computer- und Videospiele -Spielspaß und Gefahren“ sowie „Spielen in Bewegung“:

 
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