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Wenn Eltern Fehler machen

Alle Eltern machen Fehler im Umgang mit ihren Kindern. Unzählige, unfassbar viele Fehler. Sie machen kleine Fehler und auch sehr große. Sie machen Fehler, von denen ihre Kinder gar nichts wissen und so richtig schlimme Fehler, von denen ihre Kinder noch erzählen, wenn sie selbst schon erwachsen sind.

Eltern können nicht verhindern, dass sie Fehler machen. Und das sollen sie auch gar nicht. Entscheidend ist, wie sie damit umgehen.


Verantwortung übernehmen

Der erste Schritt und grundlegend für alle weiteren Schritte ist, dass Eltern ihre Verantwortung zu sich nehmen und anerkennen, einen Fehler gemacht zu haben.

Was ein Fehler ist, darüber lässt sich natürlich streiten. Zwischenmenschliche Fehler sind nicht klar definiert wie z.B. ein Rechtschreibfehler oder ein falsches Ergebnis in einer Matheaufgabe. Vielleicht bemerken Eltern selbst zunächst gar nicht, dass sie einen Fehler gemacht haben. Sie fühlen sich im Recht, haben es vielleicht gut gemeint, haben nicht weiter darüber nachgedacht, … und haben ohne es zu erkennen z.B. eine Grenze überschritten, gelogen, das Kind übergangen, etwas Verletzendes getan oder gesagt. Erst mit etwas Abstand, durch die Reaktion oder Rückmeldung des Kindes oder von anderen Beteiligten können sie dann klar erkennen, dass das was sie getan, gelassen oder gesagt haben, für das Kind nicht okay oder verletzend war.

Viele Eltern berichten auch selbst davon, sich dabei zu beobachten Fehler zu machen. Sie erinnern sich vielleicht daran wie es war, ein Kind zu sein und von den Erwachsenen missverstanden oder beschämt zu werden. Sie nehmen sich vor, es anders zu machen und hören sich dann selbst die gleichen Sätze sagen, die sie damals verletzt haben oder handeln so, wie sie es nie tun wollten.

Es geht zunächst darum, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und nicht dem Kind oder der Situation zuzuschieben „Du hast mich so wütend gemacht“, „Ich konnte nicht anders reagieren“. Hilfreich ist dabei, in die Metaebene zu gehen, d.h. die Situation von außen zu betrachten und auch die Perspektive des Kindes einzunehmen, um zu überprüfen, wie das eigene Verhalten wirkt. Es geht jedoch nicht darum, sich selbst zu beschämen oder seine gesamte Elternschaft zu kritisieren („Ich bin so eine schlechte Mama“). Wichtig ist, in diesem einen Moment anzuerkennen, dass man etwas getan hat, das für einen anderen Menschen schmerzhaft war. Es wirkt stärkend auf das Kind und die Eltern-Kind-Beziehung, wenn Eltern nach so einer Situation aktiv auf das Kind zugehen (wenn es dazu bereit ist) und mit ihm sprechen und die Verantwortlichkeiten klar benennen. Mit älteren Kindern können Eltern gemeinsam reflektieren, wer welchen Anteil zu beispielsweise einem Konflikt beigetragen hat. Kleine Kinder tragen niemals die Verantwortung für die Beziehung, die Emotionen der Eltern und die Atmosphäre in der Familie.

Daraus lernen und etwas anders machen

Für viele Eltern fühlt es sich in herausfordernden Situationen mitunter tatsächlich so an, als hätten sie keine Wahl und keine Handlungsalternative gehabt. Mit etwas Abstand, Ruhe im Herzen und klarem Kopf lassen sich dann doch oft verschiedene Möglichkeiten entwickeln. Deswegen macht es Sinn, die Situationen im Nachhinein zu reflektieren und zu überlegen, welche alternativen Lösungswege es gegeben hätte. Hilfreich ist auch zu überlegen, welche Bedürfnisse in solchen Momenten im Raum stehen – die der Kinder und der Eltern und auf welchen verbindenden Wegen sie beantwortet werden können. Denkbar ist auch von anderen zu lernen und um Hilfe zu fragen, wenn einem gar keine Alternativen einfallen.


Wenn sich Fehler wiederholen lohnt es sich, sich ein bisschen mehr Zeit und Raum zu nehmen, um die Muster zu reflektieren:


In welchen Zusammenhängen zeige ich dieses Verhalten?


Bin ich z.B. besonders gestresst?


Achte ich z.B. sehr darauf, was andere denken?


In welchen Situationen gelingt es mir, anders zu handeln (Suche nach Ausnahmen)?


Es geht also im zweiten Schritt darum, aus den Fehlern zu lernen und in der nächsten, vergleichbaren Situation (und mit Kindern gibt es die in der Regel sehr bald) etwas anders zu machen. Da wir Menschen eher langsam lernen, gelingt es den meisten nicht, von der einen Situation zur anderen komplett anders zu handeln. Das ist auch gar nicht nötig. Für unsere Kinder ist wichtig zu sehen, dass wir uns bemühen. Es ist ein Weg der kleinen Schritte – Schritt für Schritt, Situation für Situation, Konflikt für Konflikt, Fehler für Fehler.


In der nächsten vergleichbaren Situation ist das Wichtigste zu erkennen, dass es genau jetzt darum geht etwas anders zu machen: z.B. innerlich kurz Pause drücken, durchatmen und sich daran erinnern, was man sich vorgenommen hat. Nützlich können auch Listen oder Symbole (z.B. eine Postkarte) sein, da der Kopf in solchen gefühlsbeladenen Situationen oft nicht ausreichend zur Verfügung steht.


Fehler einbetten in eine helle, zugewandte, verbundene Kindheit

In jeder Familie machen jeden Tag alle Familienmitglieder – die großen und die kleinen Menschen – Fehler. Das ist menschlich und stärkt sogar die Beziehungen, wenn achtsam mit den Fehlern umgegangen wird, sie nicht schwerwiegend gewaltvoll und zahlenmäßig gegenüber den hellen Augenblicken deutlich in der Unterzahl sind. Die leichten, verbundenen Momente im familiären Alltag machen die dunklen und schweren Momente natürlich nicht ungeschehen. Bedeutend ist, dass die grundsätzliche Atmosphäre der Familie von einer tiefen Verbundenheit, Offenheit und aufrichtigem Interesse füreinander geprägt ist und alle viel miteinander machen, sprechen und lachen. Wenn sich die Erwachsenen dann noch eindeutig erwachsen verhalten, wenn es darauf ankommt und ihren Kindern vorleben, wie menschlich Fehler sind und wie liebevoll man damit umgehen kann, werden keine tiefen Wunden bleiben.

Den (erwachsenen) Kindern zuhören und sie ernst nehmen

Viele Eltern der aktuellen Generationen haben so einen erwachsenen Umgang mit Fehlern nicht kennengelernt und lernen ihn gerade mühsam im Kontakt mit ihren Kindern nach. Lange Zeit galt, dass die Erwachsenen immer richtig liegen (egal was sie tun), und wenn sie wütend werden, Grenzen überschreiten und dem Kind weh tun, dann weil das Kind das so verdient hat. Wenn schlimme emotionale Verletzungen auf der Beziehungsebene passiert sind, können die Eltern, auch wenn schon viel Zeit vergangen ist, heilsam damit umgehen, indem sie den vielleicht schon erwachsenen Kindern zuhören, sie ernst nehmen und ihre Wahrnehmung und die Einschätzung nicht infrage stellen.

Hilfe holen

Wenn Eltern merken, dass sie immer wieder in destruktive Muster verfallen und dieselben, schwerwiegenden Fehler machen, selbst keinen Ausweg finden und auch Partner und Freunde nicht weiterhelfen können, ist es dringend notwendig, dass sie sich Unterstützung holen. Noch immer leiden so viele Kinder auf dieser Welt unter den Folgen gewaltvoller Erziehung. Neben dem akuten Schmerz in der Situation haben Gewalterfahrungen langfristige, schwerwiegend negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes.
Häufig haben Eltern, die Gewalt anwenden, selbst schlimme Erfahrungen in ihrer Kindheit gemacht, empfinden deshalb diese Art der Beziehungsgestaltung als „normal“ und geben sie an die nächste Generation weiter. Sie dürfen gemeinsam mit zugewandten, hilfreichen Fachkräften erfahren, dass es andere, liebevolle Wege gibt Kinder zu erziehen. Auch sie selbst hätten niemals diese Gewalt erfahren dürfen, sie hätten geschützt werden und achtsam ins Leben begleitet werden müssen.
Die Erwachsenen heute können nichts dafür, wenn sie selbst bislang keine fehlerfreundlichen Umgangsweisen kennengelernt haben. Und trotzdem ist es ihre Verantwortung, die Kreisläufe zu durchbrechen und Schritt für Schritt, Generation für Generation einen friedvolleren Umgang mit menschlichen Fehlern und Konflikten zu etablieren.


Hanna Articus
Räume für Menschen

 
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