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Vom leichten "Ja" und klaren "Nein"

Die Zeit mit Kindern ist intensiv. Intensiv schön, wenn das Gefühl Freude uns durch den Alltag trägt, weil alles genauso ist, wie wir es gut finden. Wenn wir und die Kinder im Alltag oft „ja“ sagen zu dem was ist, läuft es flüssig und unkompliziert.


Intensiv herausfordernd ist es, wenn z.B. durch viele „neins“ die Familienharmonie getrübt wird.

Dieser Text soll vom „nein“ seitens der Erwachsenen handeln:

 

Besonders wenn kleine Kinder ihre Motorik entdecken und sich selbständig fortbewegen können, haben Eltern häufig das Gefühl, den Tag über verhältnismäßig oft „nein“ zu sagen. „Nein“, nicht die Blätter von der Pflanze abrupfen, „nein“, nicht an der Stereoanlage drehen, „nein“, nicht zur Treppe gehen, „nein“, nicht alles ausräumen….


Für ein Kind, das gerade die Welt entdeckt und so viel spannend findet und erforschen möchte, kann es mitunter sehr frustrierend sein, soviel Begrenzung zu erfahren.


In dieser Entwicklungsphase kann es hilfreich sein, sich zu überlegen, was das Kind mit dem begehrten Gegenstand tun darf. Zum Beispiel: „Schau mal, bei der Pflanze darfst du die Blätter streicheln oder anpusten, bei der Stereoanlage darfst du nur diesen einen Knopf drücken, die Treppe gehen wir zusammen hoch und die Schublade mit den Vorratsdosen darfst du sooft du möchtest ausräumen.“ Diese „Ja“-Umgebung ist sowohl für das Kind als auch für uns Eltern sehr viel positiver, und sie unterstützt den Entdeckerdrang der Kleinen.


Ein „nein“, sollte dosiert und in frühen Jahren in erster Linie für Gefahren genutzt werden. Im Straßenverkehr, bei Steckdosen, Herdplatten….
Verwenden wir inflationär das Wort „nein“, kann es sein, dass es seine Signalfunktion verliert.


Ist das Kind älter, verschieben sich die Wünsche und das Kind will vielleicht ein zweites Eis, längere Tablet-Zeit, mehr Kuchen, mehr Geschichten, noch einmal rutschen…und später dann auf Partys gehen, ….
Angenommen, du als Elternteil sagst dazu „nein“. Sollte dein Kind mit dem „nein“ einverstanden sein, gibt es kein Problem. Wir beleuchten den Fall, dass dein Kind im Widerstand zu deinem „nein“ ist. Dann kann es hilfreich sein, sich als Eltern folgende Fragen zu stellen:


Warum sage ich nein? Aus Gewohnheit? Aus einem ersten Impuls heraus? Aufgrund von veralteten Glaubenssätzen? Oder ist es eine bewusste, überlegte Entscheidung, bei der mein Kopf und mein Gefühl in Einklang sind?


Was ist mein guter Grund „nein“ zu sagen? Bin ich mir über ihm im Klaren? Falls nicht - suche danach! Gelingt dir das nicht, überdenke dein „nein“ und ziehe in Erwägung, dass deine Antwort ehrlicherweise ein „ja“ ist. Generell ist es in Situationen, in denen du versucht bist reflexartig „nein“ oder „ja“ zu sagen, sinnvoll, sich eine kurze Pause zu gönnen, um nicht zu spontan und impulsiv zu antworten. „Ich denke einen Moment darüber nach oder ich gebe dir in zehn Minuten eine Antwort“, verlängern den Raum zwischen Reiz und Reaktion und sind häufig der Schlüssel, um eine verbindende Lösung anzustreben.

Manchmal sind wir etwas starr in unseren Vorstellungen: Das 2-jährige Kind muss am Tisch sitzen bleiben, bis alle fertig gegessen haben, obwohl es lieber herum flitzen würde. Der 6-jährige Junge darf nicht voraus radeln, obwohl er an der nächsten Kreuzung auf dich warten möchte. Das 8-jährige Mädchen darf eine Folge der Lieblingsserie anschauen - nicht mehr, obwohl es jetzt gerade so richtig spannend ist. Der 14-jährige darf am Wochenende nur bis 21 Uhr zu Freunden gehen, obwohl du ihm vertraust.


Natürlich sind das isolierte Beispiele, die im Alltag immer im Kontext zu beleuchten sind.  Generell aber kannst du prüfen, ob dein „nein“ gerechtfertigt ist und Sinn macht. Manchmal dürfen wir weicher werden und auch die Perspektive des Kindes einnehmen und diese Sichtweise in die Antwortfindung mit einbeziehen.


Und dann gibt es die Situationen, in denen du mit absoluter Klarheit weißt, dass die einzig richtige Antwort „nein“ lautet.


Wenn du Höhenangst hast und Achterbahn fahren sollst. Wenn du pappsatt bist und noch den Nachtisch von jemand anderem aufessen sollst. Wenn du hämmernde Kopfschmerzen hast und deine Kinder mit dir Trampolin hüpfen möchten. Wenn du deine Frisur schön findest und dein Kind möchte, dass du den Ring vom Freibadboden heraus tauchst. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du deutlich spürst, dass du das jetzt gerade nicht tun willst und bestimmt und klar „nein“ dazu sagen kannst. Nach dieser Klarheit darfst du suchen, wenn du ein „wackeliges“ „nein“ in dir spürst.


Wenn für dich die Situation mal nicht so eindeutig ist: Wenn dein Kind mehr Schokolade möchte, obwohl es heute schon Kuchen gab. Wenn du noch eine Geschichte vorlesen sollst, obwohl die Einschlafzeit bereits erreicht ist. Wenn dein Kind unbedingt bei einem Freund/ einer Freundin übernachten möchte, obwohl euch am nächsten Tag ein anstrengender Tag bevorsteht und du weißt, dass dein Kind vermutlich nicht so richtig fit sein wird. Wenn dein Kind Kuchen backen möchte und die Küche gerade aufgeräumt ist. Spürst du dann ein „ja“ zu dem Wunsch deines Kindes oder eher ein „nein? Dafür gibt es keine Patentlösungen. Alles muss im Einzelfall geprüft und abgewogen werden. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle.


Und zur Beruhigung soll gesagt sein: Wir dürfen alle miteinander üben. Unsere Kinder und wir Eltern. Wir alle dürfen uns ausprobieren und mal beobachten, was passiert, wenn wir doch etwas erlauben, was wir bisher verneint haben. Und wir dürfen beobachten, wie unsere Kinder reagieren, wenn wir eindeutig und bestimmt „nein“ sagen. Mit dieser klaren Energie gibt es in den meisten Fällen keine Widerworte. Und dann dürfen wir noch die vielen „jas“ genießen, die unseren Alltag erleichtern und verfeinern.

 

Viel Freude beim „ja“ sagen und viel Klarheit beim „nein“ sagen wünscht


Corinna Muderer

 
Das Online-Portal für Eltern

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