Margarete Ostheimer GmbH homebanner
header-standard

I. Schöning und C. Fiebig: Kinder brauchen emotionalen Halt

Iris Schöning, Jahrgang 1958, Mutter einer erwachsenen Tochter, ist Heilpädagogin, Familien- und Körpertherapeutin. Sie arbeitet als Elternberaterin und Kursleiterin im Zentrum für Primäre Prävention und Körperpsychotherapie (ZePP) in Bremen.

„Eine der wichtigsten Erfahrungen im Leben eines kleinen Kindes ist, dass es sich auf seine Eltern verlassen kann. Das heißt, dass seine Bedürfnisse feinfühlig erkannt werden. So entsteht Vertrauen in die Welt, aber auch in sich selbst“, sagt die Familientherapeutin Iris Schöning. Ihre Kollegin Christina Fiebig fügt hinzu: „Nicht nur das Baby erlangt Sicherheit, sondern auch seine Eltern. Denn je mehr sie spüren, dass sie das Richtige für ihr Kind getan haben, desto stärker wird ihr Gefühl von Selbstvertrauen und Kompetenz.“

Christina Fiebig, Jahrgang 1950, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und zweifache Großmutter, ist Sozialpädagogin, Familien- und Körpertherapeutin. Wie ihre Kollegin Iris Schöning arbeitet sie als Elternberaterin und Kursleiterin im ZePP in Bremen.

Manche Mütter haben anfangs Probleme, sich auf ihr Baby einzustellen. Woran liegt das?

Iris Schöning: „Gerade beim ersten Kind sind junge Mütter oft unsicher und dadurch in ihrer Aufnahmefähigkeit eingeschränkt. Denn sie hatten vor der Geburt kaum Gelegenheit, sich ein Bild davon zu machen, wie das Leben mit einem Baby ist. Die Mütter haben dann Schwierigkeiten, die Signale ihres Körpers und die des Babys zu erkennen. Es kommt zu vermehrtem Stress mit der Folge, dass ihre Unruhe und Selbstzweifel zunehmen. Das Baby spürt dies durch die Körperspannung der Mutter. Sie fühlt sich nicht weich und kuschelig an, atmet flacher, und ihre Stimme klingt nicht mehr beruhigend und sanft wie normalerweise. Dies verunsichert das Baby mehr und mehr. Und es baut sich eine Stressspirale auf, aus der Mutter und Kind nur schwer wieder herauskommen.“

Was kann den Müttern in dieser Situation helfen?

Christina Fiebig: „Wichtig ist, dass Mütter gut für sich sorgen und Entspannung finden. In unseren EEH-Kursen (Emotionelle Erste Hilfe) zeigen wir ihnen einfache Atemtechniken, die sie zur Ruhe führen: tief in den Bauch hinein und wieder ausatmen. Das funktioniert im Sitzen mit dem Baby im Arm, aber auch beim langsamen Umhergehen. Diese Entspannung wirkt sich positiv aufs Baby aus. Es fühlt sich plötzlich wieder sicher und geborgen. Indem die Mutter die Verbindung zu ihrem Körper aufrechterhält, entwickelt sich von innen heraus ein Zugang zu den Bedürfnissen und Gefühlen des Babys. Und die Eltern verstehen seine Signale plötzlich viel besser.“

Worauf sollten Eltern dabei besonders achten?

Iris Schöning: „Die Welt der Erwachsenen ist sehr hektisch und nicht mit der eines Babys kompatibel. Denn die Kleinen fühlen sich nur wohl, wenn alles einen Takt langsamer geht und nicht zu viele Reize auf sie einströmen. Dies gilt auch für die Zeiten, in der das Baby wach und aufmerksam ist. Viele Eltern meinen dann, sie müssten ihre Kleinen beschäftigen, ihnen immer neue Spielsachen zeigen oder mit ihnen herumhopsen. Nicht selten werden dabei die ersten Anzeichen von Überforderung übersehen. Das Baby wendet dann seinen Blick ab. Seine Augen verlieren an Glanz, Arme und Beine werden schlaff. Fühlt das Kleine sich jedoch wohl und ausgeruht, wendet es sich seinem Gegenüber zu und bewegt sich lebhaft.“

Woran liegt es, wenn Babys von einem Augenblick zum anderen müde werden und quengeln?

Christina Fiebig: „Beim Schlaf-Wach-Rhythmus eines Babys gibt es verschiedene Verhaltenszustände: ruhiger Schlaf, aktiver Schlaf, Halbschlaf, aufmerksamer Wachzustand, quengeliger Wachzustand, Schreien. Der Übergang von einem Verhaltenszustand in den anderen verläuft bei vielen Babys fließend. Sie machen es ihren Eltern leicht, die Signale von Müdigkeit und Überreiztheit zu erkennen und entsprechend zu handeln. Manche Babys jedoch wechseln abrupt von einem Zustand in den anderen. Sie schreien, sobald sie wach sind. Und es fällt ihnen schwer einzuschlafen, obwohl sie müde sind. Im Wachzustand sind sie dann quengelig und überreizt.“

Welche Rolle in Bezug auf Bindung spielt ein gutes Zusammenspiel zwischen Eltern und Baby?

Iris Schöning: „Ein Baby macht seine Eltern darauf aufmerksam, dass es Wärme, Nahrung, Zärtlichkeit und Kommunikation braucht. Für die Bindung entscheidend ist, ob Mutter oder Vater einfühlsam auf die Bedürfnisse ihres Kindes eingehen. Dies gelingt umso besser, je besser und schneller sie erkennen, was ihr Baby braucht. Das Baby weint, wenn es Hunger hat, müde und überreizt ist, wenn es getragen werden möchte und Ansprache braucht. Je schneller und besser Eltern ihr Baby kennen lernen, desto besser klappt das Zusammenwachsen. Babys, deren Erwartungen meistens durch die richtigen Reaktionen der Eltern erfüllt wurden, entwickeln im Laufe des ersten Jahres zu ihnen eine sichere Bindung. Die Kleinen fühlen sich wohl in ihrer Haut.“

Christina Fiebig: „Das Baby intensiv beobachten, es mit allen Sinnen wahrnehmen und zuverlässig auf seine Bedürfnisse reagieren: Das ist die wichtigste Voraussetzung für eine gute Bindung. Es ist eine gegenseitige Beziehung mit Geben und Nehmen. Das heißt aber, dass Eltern sich auch mal zurücknehmen müssen: nicht mit dem Kind spielen, wenn es hungrig ist. Oder es nicht in den Arm nehmen, wenn es neugierig auf Entdeckungsreise gehen möchte. Wie feinfühlig Mutter und Vater sind, hat Auswirkungen auf die Selbstwirksamkeit des Babys.“


Wann ist die beste Zeit fürs Spiel mit dem Baby?

Iris Schöning: „Wichtig ist es, die kurzen Wachphasen des Babys für kleine Dialoge zu nutzen. Eltern sollten jedoch beachten: Wahrnehmung und Ausdrucksvermögen sind bei Neugeborenen noch ziemlich begrenzt. Sie brauchen Zeit, um einen neuen Reiz aufzunehmen und zu verarbeiten. Deshalb sollten die Kleinen nicht ständig mit neuen Reizen überflutet werden. Hinzu kommt, dass manche Babys sehr schreckhaft sind. Sie zucken bei jedem Geräusch oder bei jeder hektischen Bewegung zusammen und weinen. Am besten erledigen Eltern dann alles besonders sanft und behutsam. Das hilft den Babys, allmählich ausgeglichener zu werden.“

Christina Fiebig: „Wie so oft ist auch beim Umgang mit Babys ein gesundes Mittelmaß wichtig. Das heißt: Eltern sollten ruhig und unaufgeregt mit ihrem Kind sprechen und es dabei anschauen. Studien haben ergeben, dass Babys dann ihre Eltern besonders lange und aufmerksam anschauten. Redeten die Mütter oder Väter besonders viel oder wenig, ließ das Interesse ihrer Babys an Blickkontakt schnell nach. Die meisten Mütter und Väter finden hier intuitiv das richtige Maß.“

Welche Beschäftigung mögen Babys anfangs am liebsten?

 

Iris Schöning: „Am liebsten mögen die Kleinen das Gesicht ihrer Eltern. Sie studieren es regelrecht und versuchen sogar nachzuahmen, wenn Mama oder Papa die Zunge herausstrecken oder die Lippen spitzen. Blickkontakt ist die erste Sprache, die ein Baby versteht. Wenn eine Mutter ihr Kind stillt oder ihm das Fläschchen gibt, beträgt der Abstand zwischen ihrem Gesicht und dem des Babys 20 bis 30 Zentimeter – der optimale Abstand für die Sehfähigkeit eines Neugeborenen. Beide – Mutter und Kind – können den Blick nicht voneinander lassen. Sie spiegeln sich darin und geben einander Halt. Das ist Bindung und Zuneigung pur.“

Christina Fiebig: „Ein Lieblingsspiel aller Babys und Eltern ist das gegenseitige Nachahmen. Mütter und Väter ahmen gern Mimik und Laute ihres Kindes nach. Und das wirkt wie eine Belohnung. Es ist nämlich, als würde dem Baby ein Spiegel vorgehalten, in dem es sich selber erkennen kann. Und auf seine Laute folgt sofort das Echo der Eltern. Mütter und Väter in aller Welt reden mit ihren Säuglingen in der so genannten Ammensprache. Sie verwenden dabei intuitiv kurze Sätze in höherer Tonlage. Und sie spielen ihrem Baby damit ihre eigenen Gefühle vor und zeigen ihm so ihre Zuneigung. Eine Basis, auf der sich ihr Kind gut entwickeln kann.“

Weitere Informationen finden Sie im Internet unter:

www.zepp-bremen.de

www.eeh-deutschland.de

 
Das Online-Portal für Eltern

Reduction reason0

NRC

Reduction reason0

NRC