Margarete Ostheimer GmbH homebanner
header-standard

Schlaf, Kindlein, schlaf... Wenn Kinder Schlafprobleme haben

Was Eltern über den Schlaf ihres Babys wissen sollten

„Bis zu einem bestimmten Alter können Babys noch gar nicht durchschlafen. Erst allmählich stellen sich die Kleinen auf einen Wechsel zwischen Tag und Nacht ein. Und der Rhythmus zwischen Schlafen und Wachen entwickelt sich bei jedem Kind anders“, sagt die Kinderkrankenschwester Mechthild Hoehl.

Mechthild Hoehl, Jahrgang 1967, ist Vorsitzende der Interessengemeinschaft freiberuflich und präventiv tätiger Kinderkrankenschwestern e.V. (IG-KIKRA). Zu ihren Tätigkeitsfeldern gehören Hausbesuche bei Familien mit Kindern sowie Kurse und Vorträge zu Themenbereichen rund um den Babyalltag, etwa Pflege, Schlafen, Schreien, Ernährung, Sauberwerden. Mechthild Hoehl wohnt in der Nähe von Trier, ist verheiratet und hat drei Kinder).

Warum haben Neugeborene einen ganz anderen Schlafrhythmus als ältere Kinder und Erwachsene?

Grundsätzlich sind die Schlafphasen bei Erwachsenen und Babys gleich. So sinken alle Menschen nach dem Einschlafen vom aktiven Schlaf mit oberflächlicher Atmung in einen tiefen Schlaf. Das wiederholt sich immer wieder, die ganze Nacht. Aber Babys Uhren gehen anders. Beim wissenschaftlichen Vergleich der elektrischen Ströme des Gehirns von Säuglingen und Erwachsenen kam heraus: Jeder Schlafzyklus mit aktivem und tiefem Schlaf dauert beim Erwachsenen zwei Stunden, beim Baby aber gerade mal 50 Minuten. Während Erwachsene 80 Prozent ihrer Schlafzeit im Tiefschlaf verbringen, machen bei Babys die beiden Phasen etwa je die Hälfte aus. Mit zunehmendem Alter gleicht sich der kindliche Schlafzyklus jedoch dem der Erwachsenen an.

Wie viel schlafen Neugeborene in der Regel, und wie entwickelt sich ihr Schlafrhythmus?

Die Kleinen schlafen zwischen zwölf und 20 Stunden, verteilt auf Tag und Nacht. Dies kann von Tag zu Tag schwanken, und ein klarer Rhythmus ist am Anfang nicht zu erkennen. Hinzu kommt: Babys benötigen zwischen sechs und zwölf Brust- oder Flaschenmahlzeiten innerhalb von 24 Stunden. Doch bereits in den ersten Lebenswochen reduziert sich der Nahrungsbedarf auf fünf bis zehn Mahlzeiten. Auch ein erster Tag-Nacht-Rhythmus ist zu erkennen. Denn die meisten Babys schlafen zwischen den Nachtmahlzeiten, haben tagsüber aber mehrere Wachphasen. Etwa alle drei Monate ändert sich der Schlafrhythmus, nämlich immer dann, wenn ein Baby in einer bestimmten Entwicklungsphase steckt und neue Fähigkeiten erlernt, etwa das Drehen vom Rücken auf den Bauch, Vierfüßlerstand, Aufstellen am Bettgitter, Laufen oder Sprechen. Da kann es passieren, dass es Nacht für Nacht wach wird. Diese Schlafunterbrechungen können einige Tage, zuweilen auch Wochen, anhalten. Da die Kleinen in diesen Phasen oft auch tagsüber verunsichert sind und quengeln, empfinden Eltern die nächtliche Unruhe oft als Belastung. Je mehr sie aber über entwicklungsbedingte Schlafstörungen Bescheid wissen, desto besser werden sie damit fertig. Denn sie wissen ja, dass diese normal sind und bald wieder alles seinen gewohnten Gang geht.

Wann schläft ein Kind eigentlich durch?

Von Durchschlafen spricht man, wenn ein Kind sieben Stunden ohne Unterbrechung schläft. Mit einem Jahr trifft das auf 53 Prozent aller Kinder zu. Immerhin schlafen bereits 36 Prozent mit drei bis vier Monaten und 38 Prozent mit sechs bis sieben Monaten durch.

 

Kann ich mein Baby zum Schlafen ins Elternbett legen?

In den ersten Wochen und Monaten ist es sicher von Vorteil, das Baby in der Nähe zu haben. Für die Mutter ist es dann leichter, das Kind zu stillen, denn sie muss dafür nicht aufstehen. Dennoch sollte das Kind nicht im Bett der Mutter liege. Ideal sind Ansteckbettchen. Das Baby hat seinen eigenen Schlafplatz unmittelbar in Mamas Nähe. Und die Mutter kann beruhigt schlafen – ohne Angst, ihr Kleines zu überrollen. Auf Kissen, Oberbett, Decken und Nestchen sollten Eltern in den ersten Lebensmonaten verzichten. Ideal ist ein der Größe des Kindes angepasster Schlafsack.

Woran liegt es, dass viele Babys Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen haben?

Manche Babys leiden unter einer Regulationsstörung. Das heißt, sie können sich noch nicht selbst beruhigen. Der Moro-Reflex ist ein typisches Zeichen des Neugeborenen dafür, dass es sich unsicher fühlt und nach Sicherheit sucht. Je jünger und unreifer der Säugling ist, umso eher neigt er zum Moro-Reflex. Wenn das Kleine dann mit rudernden ärmchen im Bett liegt, kann es nicht allein einschlafen. Es braucht Hilfe. In Mamas Armen beruhigt sich das Baby sofort. Deshalb empfehle ich bei solchen Kindern immer das Pucken. Durch die Begrenzung des Tuches oder des Pucksäckchens kann das Kleine sich nicht in der Weite des Bettchens verlieren. Pucken fördert die Wahrnehmung des eigenen Körpers.

Wann verliert sich eine solche Regulationsstörung?

Normalerweise innerhalb der ersten drei Lebensmonate. Dann kann das Kleine selbst seine Händchen in der Körpermitte zusammenführen und sich so beruhigen. Einige Kinder bleiben aber über diesen Zeitpunkt hinaus regulationsschwach. Es sind sehr aufgeweckte Kinder, die einfach nicht abschalten können. Aber auch ernstere Ursachen kommen unter Umständen in Frage, etwa Fehlhaltungen oder ein reduzierter Muskeltonus. Eine genaue Beobachtung des Babys in seinem Rhythmus und Verhalten kann Müttern und Vätern helfen, solche Regulationsstörungen zu erkennen. Es ist wichtig, den Kinderarzt, die Hebamme oder die Kinderkrankenschwester über die eigenen Beobachtungen zu informieren. Umso besser lässt sich eine genaue Diagnose stellen.

Brauchen Babys nachts wirklich Milch?

Ja. Solange ein Kind voll gestillt wird beziehungsweise noch keine Beikost erhält, verteilen sich die Mahlzeiten auf Tag und Nacht. Wenn manche Berater Eltern nahe legen, dem Baby ab dem vierten Lebensmonat nachts keine Brust oder Flasche mehr zu geben, ist das völlig unsinnig. Auch das frühe Wechseln zu sättigenderen Milchnahrungen ist ernährungsphysiologisch nicht sinnvoll und bringt meistens nicht den gewünschten Erfolg. Eltern sollten deshalb erst dann langsam mit dem Reduzieren der Nachtmahlzeiten beginnen, wenn das Baby abends einen Brei bekommt.

Wie können Eltern das schaffen?

Viele Kinder brauchen ab einem bestimmten Zeitpunkt nachts keine Nahrung mehr. Es ist dann auch nicht ratsam, weiter zu füttern, denn sonst wird aus dem süßen Baby plötzlich ein Dickerchen. Bei Flaschenkindern kann die Gesamtmenge pro Flasche sukzessive verringert werden, so dass kein Hungergefühl aufkommt. Zum Schluss wird dem Kind nachts nur noch Wasser oder Tee angeboten. Bei Kindern über einem Jahr kann die Nuckelflasche durch einen Trinkbecher ersetzt werden. Bei noch gestillten Kindern sollte die Dauer der Stillmehlzeiten schrittweise immer weiter begrenzt werden. Manche Babys sind nicht hungrig, haben aber ein ausgeprägtes Saugbedürfnis. Da wirkt ein Schnuller oft Wunder. Bei Stillkindern kann es helfen, wenn sich der Papa nachts eine Weile kümmert. Denn oft verursacht der verführerische Milchgeruch bei Mama ein Hungergefühl.

Benötigt das Kind nur eine Nachtmahlzeit aus, trinkt diese jedoch mitten in der Nacht, spricht nichts dagegen, das Baby für diese Mahlzeit früher zu wecken und sie ihm zu der Zeit anzubieten, wenn die Eltern zu Bett gehen, so dass sie die nächsten Stunden unbehelligt schlafen können.

Wie bei den nächtlichen Mahlzeiten kommt es auch oft zu Problemen, wenn Eltern sich von eingefahrenen Einschlafritualen verabschieden möchten. Wie können sie ihr Kleines „entwöhnen“?

Solange die Einschlafrituale für Elter und Kind kein Problem bedeuten, sind das in-den-Schlaf-stillen oder –kuscheln kein Problem. Aber irgendwann kommt die Zeit, da ein solches Ritual als Belastung empfunden wird. Dann ist es Zeit, dieses zu ändern. Das konsequente ‚Entwöhnen’ hin zur Einschlafgewohnheit ohne jegliche Hilfestellung bringen viele Eltern schwer übers Herz. Wenn sie dieses ‚Programm’ gleich wieder beenden, ist niemandem geholfen. Daher gelingt es am besten schrittweise. Ein Baby, das bislang nur an der Brust einschlief, schlummert nun auf Papas Arm. Ein Kind, das bisher auf dem Arm eingeschlafen ist, wird zum Einschlafen in sein Gitterbettchen gelegt. Mama oder Papa bleiben daneben sitzen, berühren ihr Kleines mit der Hand und sagen in regelmäßigen Abständen: ‚Du kannst allein einschlafen. Mama ist da und hat dich lieb.’ Durch diesen veränderten Körperkontakt nimmt das Kind keinen Schaden – auch dann nicht, wenn es sich zunächst mit lautem Geschrei gegen die veränderten Schlafbedingungen auflehnt. Eltern sollten dieses Ritual in den folgenden Tagen in gleicher Weise wiederholen, bis das Kind nach etwa vier Tagen problemlos ins Bett gebracht werden kann. Dann berührt die Mama ihr Kind nicht mehr, sondern bleibt eine Weile neben dem Bettchen sitzen und geht schließlich aus dem Zimmer. Wird das Kleine unruhig, hilft liebevolles Zureden: ‚Ich bin da, du kannst mich hören. Schlafe nur, ich weiß, du kannst es!’

Was ist, wenn der Schlafrhythmus des Babys in keiner Weise mit dem der Eltern kompatibel ist?

Wenn ein Baby vor Mitternacht nicht einschlafen mag oder wenn die Nacht bereits um fünf Uhr morgens endet, kann dies mit einem Entwicklungsschub zusammenhängen. Eltern sollten also zunächst einmal zwei bis zwei Wochen abwarten. Verändert sich der Schlafrhythmus in der Zeit nicht, könnten sie zunächst die Schlafzeiten tagsüber verändern. Durch Wegfall einer Tagesschlafzeit beziehungsweise durch vorzeitiges Beenden des Mittagsschlafes werden die Müdigkeit und der Schlaf nach vorn beziehungsweise durch Hinauszögern der Tageschlafzeiten nach hinten verlagert. Mit einer spürbaren Veränderung ist allerdings erst nach Wochen zu rechnen. Eltern brauchen deshalb vor allem Geduld.

Was ist, wenn ein Kind nachts hellwach wird und spielen möchte?

Dies kommt gar nicht so selten vor und ist meint entwicklungsbedingt. Eltern sollten zunächst einmal das Schlafkonto ihres Kindes tagsüber kritisch unter die Lupe nehmen. Schläft es jedoch tagsüber nicht sehr viel, handelt es sich wahrscheinlich um einen größeren Entwicklungsschub, und der ist vorübergehend. Hier hilft dann nur kontrollierte Langeweile. Eltern sollten ihrem Kind ein Spielzeug ins Bett legen, aber selber auf keinen Fall den Animateur spielen.

 

Wann schläft ein Kind tagsüber nur noch mittags, und warum ist der Mittagsschlaf wichtig?

Der Tagesschlaf reduziert sich zwischen dem dritten und vierten Monat spürbar. Zwischen dem siebten und zehnten Monat fallen weitere Schlafzeiten tagsüber weg, bis mit etwa einem Jahr nur noch das Mittagsschläfchen übrig bleibt. Der Mittagsschlaf ist auch über das erste Lebensjahr hinaus wichtig, weil Kinder insgesamt mehr Schlaf als Erwachsene brauchen. Nur so können sie sich gesund entwickeln. Im zweiten Lebensjahr schlafen Kinder wenigstens einmal tagsüber, meistens mittags. Und die meisten Zweijährigen halten weiterhin mittags Siesta und behalten diese Gewohnheit noch etwa zwei Jahre bei.

Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Bereits bei kleinen Kindern gibt es unterschiedliche Schlaftypen. Die einen brauchen noch im fünften Lebensjahr ihren Mittagsschlaf, die anderen kommen bereits im zweiten Jahr ohne aus. Eltern sollten auf den individuellen Schlafbedarf ihres Kindes Rücksicht nehmen und sich keine Sorgen machen, ob es zu wenig Schlaf bekommt. Denn Kleinkinder nehmen sich das, was sie brauchen. Wenn sie müde sind, schlafen sie von selbst ein. Es wäre also falsch, den Mittagsschlaf zu erzwingen. Mütter sollten aber im Eigeninteresse auf eine Mittagspause Wert legen. Das heißt in der Praxis: Das Kind spielt eine halbe Stunde allein und lässt die Mama ungestört lesen und ausruhen.

 

Wie wichtig sind Regelmäßigkeit und Zubettgehrituale?

Sehr wichtig. Eltern, die ihr Kleines heute lieber früher ins Bett legen, weil sie selbst erschöpft sind, und es einen Tag später bis kurz vor Mitternacht wach halten, weil Besuch da ist, dürfen sich über Schlafstörungen nicht wundern. Kinder brauchen ihre gewohnte Zubettgehzeit mit möglichst wenigen Ausnahmen. Wichtig: Ruhige Nächte bauen sich über Tag auf und nicht erst in den Abendstunden. Schon die Kleinen brauchen einen geregelten Tagesablauf, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Diese Sicherheit hilft beim Entwickeln eines regelmäßigen Schlafrhythmus. Liebevolle Zubettgehrituale schenken dem Baby Geborgenheit. Die meisten genießen es, noch eine Weile herumgetragen zu werden, begleitet von Mamas ruhiger Stimme, die eine kleine Geschichte erzählt oder ein Schlafliedchen singt. Auch das Aufziehen einer Spieluhr gehört zu den beliebtesten Ritualen bei den Kleinen. Und ein Stoffpüppchen oder ein kleines Kuscheltier haben sich schon lange als gute Begleiter für die Reise durch die Nacht bewährt. Wichtig ist jedoch, dass das Abendritual eher der Beruhigung nach einem erlebnisreichen Tag dient und nicht als Einschlafhilfe gesehen wird. Denn das Einschlafen sollte das Kind, vor allem, wenn es größer wird, allein schaffen.

Frau Hoehl, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Das Interview führte Jette Lindholm für die Redaktion



 
Das Online-Portal für Eltern

Reduction reason0

NRC

Reduction reason0

NRC