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Lernen am Modell

Kinder bringen schon eine ganze eigene Menge mit, wenn sie auf die Welt kommen. So sind beispielsweise ihr einzigartiges Wesen und ihr persönliches Temperament schon früh sicht- und spürbar. Vieles in ihrem Leben und in ihrer Entwicklung wird jedoch von außen beeinflusst. Zum Beispiel unter welchen Bedingungen sie groß werden (z.B. kulturell, finanziell und zeitgeschichtlich). Und einen wirklich bedeutenden Einfluss auf die kindliche Prägung, das Verhalten und die Sichtweisen haben natürlich die Eltern. Häufig haben Eltern den Eindruck, dass Erziehung vorrangig sprachlich erfolgt. Beispielsweise in Form von verbalen Warnungen, klärenden Gesprächen, Grenzen, Geboten und Verboten. Tatsächlich prägt Kinder jedoch viel mehr das, was ihre Eltern tun, als das was sie sagen. Kinder nehmen ihre Eltern von Geburt an wahr und verinnerlichen, was diese ihnen vorleben. Und das gilt für alle Lebensbereiche.

Sie sehen, wie ihre Eltern miteinander umgehen und verinnerlichen ein erstes Bild von erwachsenen Beziehungen. Je nach dem was sie erleben, empfinden sie Beziehungen als bereichernd, hilfreich oder auch beängstigend, einengend etc.


Sie beobachten, wie ihre Eltern mit sich selbst umgehen und hören wie sie über sich selbst sprechen, und in ihnen entsteht ein erstes Bild, wie ein Mensch mit sich selbst umgeht. Je nach dem was sie erleben, kann dieser Umgang von Liebe und Wohlwollen, von Kritik, Disziplin etc. geprägt sein.


Sie nehmen wahr, wie ihre Eltern mit anderen Menschen umgehen und sprechen und was sie in deren Abwesenheit über sie sagen. Je nach dem was sie erleben, entwickeln sie ein Bild von Vielfalt, Würde und Respekt, Toleranz, Intoleranz, Konformität etc.


Sie sind dabei, wenn ihre Eltern sich über etwas ärgern, traurig sind, sich streiten, sich freuen und ihre Zuneigung ausdrücken und lernen so einen Umgang mit den menschlichen Gefühlen kennen. Je nach dem was sie erleben, haben sie einen breiten, feinfühligen Zugang zu ihren vielfältigen Emotionen, erleben verschiedene Konfliktlösungsstrategien, kämpfen sich durch, mauern, unterdrücken Gefühle etc.


Sie erleben, wie ihre Eltern mit Tieren, der Natur und Lebensmitteln umgehen und entwickeln darüber eine erste innere Einstellung dazu. Je nach dem was sie erleben, wertschätzen sie die Natur, haben sie keinen Zugang dazu, können die Wunder sehen, sehen vor allem Schmutz und Unreinheit etc.


Sie erfahren über ihre Eltern, wie die Beziehungen zu Geld, Essen, Sexualität, Gefühlen, dem eigenen Körper, Freundschaften, Erwerbsarbeit aussehen können.

Kinder erkennen, ob Eltern das was sie sagen auch wirklich selbst leben. Und ob sie selbst erfüllen, was sie von ihren Kindern erwarten. Es lohnt sich als Eltern, das eigene alltägliche Handeln diesbezüglich zu beobachten, zu reflektieren und sich zu fragen: was lebe ich meinem Kind bisher alltäglich vor? Gefällt mir was ich sehe? Und welche Werte will ich meinem Kind vorleben? Was ist mir wichtig? Und wie kann ich das alltäglich vorleben? Wichtig ist dabei tatsächlich die Alltäglichkeit. Denn eine einmalige Handlung um ein erzieherisches Beispiel zu demonstrieren, ist weder authentisch noch wirksam.


Wenn Eltern sich wünschen, dass ihr Kind hilfsbereit ist, müssen ihre Kinder sie regelmäßig helfend und unterstützend erleben. Und zwar sowohl im Umgang mit ihrem Kind als auch im Umgang mit anderen Menschen.

Wenn Eltern erwarten, dass Kinder ihre Konflikte verbal und konstruktiv lösen, müssen Kinder das von und mit ihren Eltern lernen können.

Wenn Kinder großzügig, gebend und teilend sein sollen, müssen sie wiederholt wahrnehmen, wie sich ihre Eltern großzügig und teilend verhalten.

Wenn Eltern sich wünschen, dass Kinder achtsam mit der Umwelt und den Geschenken der Natur umgehen, müssen die Kinder ihre Eltern im Umgang damit achtsam und wertschätzend erleben.

Wenn Eltern sich wünschen, dass ihre Kinder aktiv, offen, freundlich, kontaktfreudig und neugierig in die Welt hinaus gehen, sollten sich Kinder eingeladen fühlen, diese Lebensfreude und Begeisterung bei ihren Eltern abzuschauen.


Themen wie Geld oder Sexualität wurden lange Zeit als Tabuthemen behandelt, und so wurde eine Auseinandersetzung damit unmöglich gemacht. Hier ist es wichtig kindgerecht und altersgemäß mit den Themen umzugehen, wenn sie aufkommen, d.h. wenn Kinder Interesse signalisieren.

Damit Eltern leben und vorleben können, was ihnen wichtig und wertvoll ist, ist auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Kindheit wichtig. Dabei können sie reflektieren: was haben mir meine Eltern alltäglich vorgelebt? Was habe ich durch sie über Geld, Beziehungen, die Natur, Sexualität … gelernt? Und welche anderen Sichtweisen kamen über diese Lebensbereiche noch in mein Leben? Was habe ich über andere Menschen, die Medien und eigene Erfahrungen darüber erfahren? Und wie möchte ich selbst es leben?

Denn natürlich sind die ersten in uns Menschen entstandenen Bilder nicht für die Ewigkeit. Wir können sie überprüfen, verwerfen, ergänzen, verstärken. Das werden auch die heutigen Kinder tun, wenn sie hinaus in die Welt gehen und erkennen, dass es noch andere Sichtweisen und Wege gibt als die der Eltern. Und dennoch ist es hilfreich und erleichternd, wenn Eltern sich darüber bewusst sind, dass ihre inneren Bilder ihr Handeln mit den äußeren Umständen beeinflussen. Und dass sie über ihre Handlungen wiederum die inneren Bilder ihrer Kinder beeinflussen. Jede Generation darf innehalten und neu entscheiden: wie möchte ich leben und was möchte ich vorleben?

Es klingt vielleicht tragend und schwer, aber im Grunde ist es befreiend und stärkend, wenn wir uns darüber bewusst werden, dass wir entscheiden und gestalten können. Nicht alles, doch oft mehr als wir denken. Allein das vorzuleben, ist ein Geschenk für die nächste Generation.


Hanna Articus

Räume für Menschen

 
Das Online-Portal für Eltern

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