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"Was für ein schöner Tag!"

Erlebnispädagogik: Warum Gruppenerlebnisse in der Natur für Kinder und Jugendliche so wertvoll sind

 

Ein Interview mit der Erlebnispädagogin Iduna Bockemühl

 

„Wir Erlebnispädagog*innen inszenieren zwar die Settings, die Abenteuer aber entstehen in der Gruppe, in den Herzen, Händen und Köpfen des Einzelnen. Jedes Kind erweitert seinen Handlungsspielraum und kann seelisch und sozial wachsen. Spätestens am Lagerfeuer werden wir vom Du und Ich zum Wir.“

 

Iduna Bockemühl ist Erlebnispädagogin und Gründerin von Eventus Erlebnispädagogik Berlin Brandenburg e.V., www.eventusberlin.de. Sie ist staatlich anerkannte Berufsschullehrerin für Erlebnispädagogik in Fachschulen für Sozialwesen. Ihre universitären Abschlüsse hat sie als Diplom Medienberaterin und Master of Arts in „Kulturelle Diversität in der musikalischen Bildung“. Seit 2005 arbeitet Iduna Bockemühl in unterschiedlichen Kontexten als Waldorflehrerin, Referentin für Freiwilligendienste und Teamtrainerin für Firmen.  

Copyright eventus Foto Matthias Disch

Warum brauchen Kinder und Jugendliche Erlebnispädagogik?

 

Das ist ein Leben! Den ganzen Nachmittag im Wald umherstreifen, mit den Freund*innen zusammen sein, tun und lassen, was man will und am Abend erst heimkommen, wenn die Sonne untergeht! So erinnern sich viele Erwachsene an früher und so wünschen es sich viele Kinder heute: Am Bach einen Staudamm bauen, auf Bäume klettern und Kirschen essen, Tieren begegnen, Insekten finden und interessante und unerwartete Dinge entdecken und sammeln.

Kinder lieben es, ihr Leben selbst zu gestalten, in der Natur und Umgebung, mit Freund*innen und Nachbarskindern umher zu streifen. Aufgeschlossen und wagemutig gehen sie mit all ihren Sinnen an die Dinge heran und erfahren ihre Umgebung dabei mit Hand, Herz und Kopf. Wo Kinder so aufwachsen dürfen, brauchen sie natürlich keine Erlebnispädagogik. Doch viele Kinder und Jugendliche kennen solche Erlebnisse kaum mehr. Hier springt die Erlebnispädagogik ein und verschafft Kindern und Jugendlichen unvergessliche Gruppen-Erlebnisse in der Natur. 

 

Wie sieht Ihr Programm aus?

 

Wir arbeiten erlebnispädagogisch zu Wasser und Land in der Natur, wir paddeln, trekken, biwakieren und tummeln uns auch im Freiraum der Stadt mit Teamspielen in „City-Bound“ Rallyes. Es macht Freude als Team durch Berlin zu preschen und neue Ecken zu entdecken, Menschen zu begegnen und die Stadt von einer ganz neuen Seite zu sehen.

Auch kulturelle Aktivitäten wie Theater, Zirkus und Jonglage, Musik und Improvisationstheater sind Teile unserer Arbeit, um Kinder und Jugendliche ganzheitlich zu fördern.

 

Ein ganz besonderes erlebnispädagogischen Herzstück sind unsere liebevoll und aufwendig gestalteten Themen-Camps: Abenteuerwelten für Kinder von 7-12, Kanu & Floßtouren für Jugendliche und unsere Vater-Kind Wochenenden. Von allen Abenteuern kommen auch wir Pädagogen immer wieder aufs Neue beseelt und beglückt zurück. Viele Familien und Schulen sind seit mehr als 10 Jahren treue Kunden.

Copyright eventus Foto Matthias Disch

Welche Kompetenzen können Kinder mit der Erlebnispädagogik erwerben?

 

Alle Sinne, Hören, Sehen, Fühlen, Tasten, Schmecken werden bei den Aufgaben, die wir ihnen stellen, gebraucht. Der ganze physische Mensch entwickelt sich von der Motorik über die Reaktionsfähigkeit bis hin zur sozialen Kompetenz. Kinder und Jugendliche brauchen das freie Spiel, in ihrer Vorstellung werden sie zu Räuber und Gendarm, bilden Zauber-Banden oder Forschertrupps.… sie können ihre Phantasiekräfte grenzenlos ausleben..., alles ist möglich und ihre Abenteuer nehmen immer wieder neue Wendungen.

 

Neben der körperlichen Entwicklung, gibt es auch noch den sozialen Aspekt?

 

Ja natürlich, wenn Kinder und Jugendliche die Rollen und Regeln, die dem Spiel entstammen annehmen, übernehmen sie Aufgaben und Herausforderungen, die ihnen helfen, ihr Sozialverhalten zu steuern. So bewirken die Regeln der Spiele beispielsweise Wachsamkeit und Kontrolle über das eigene Verhalten. In der Mannschaft hilft man sich gegenseitig, wenn man Gegner verfolgt, muss man das Tempo halten oder darf nicht bemerkt zu werden, man braucht Geduld, um auf den geeignetsten Moment für eine Handlung zu warten und Durchhaltevermögen, wenn es nicht leicht ist, etwas zu erreichen. Die Frustrationstoleranz wird immer wieder auf die Probe gestellt, freiwillig und selbstständig übt das Kind Ausdauer und soziales Miteinander, zwei enorm wichtige Kompetenzen. Zudem freuen sich die Kinder riesig über den Beifall der Gemeinschaft der Mitspieler!

 

Gibt es auch Austausch für Jugendliche mit dem Ausland?

 

Wir veranstalten internationale Jugendbegegnungen mit Anbietern aus Frankreich, Ukraine, Polen, Rumänien, Türkei, Estland etc.  und bringen junge Erwachsene zusammen, um gemeinsam an Projekten für nachhaltige Entwicklung, für kulturelle Erhaltung und internationale Kommunikation zu arbeiten. So begründen wir Beziehungen unter den Jugendlichen, die in die Zukunft reichen werden.

Copyright eventus Foto Matthias Disch

Ist Erlebnispädagogik nur etwas für Kinder und Jugendliche?

 

Nein, auch Menschen in der Übergangsphase von Schule zu Beruf können von der Erlebnispädagogik profitieren: In der Berufsfindungs- und Bewerbungsphase entdecken wir mit jungen Menschen ihre Sozialkompetenzen, verborgene Talente und Ressourcen und fördern das Teamverhalten.

Erwachsenen hilft die Erlebnispädagogik bei der Teambildung, man kann von der Bewältigung der Gruppenaufgaben auf Muster blicken, die Kommunikation reflektieren, verbessern und gemeinsam überlegen, wohin es mit dem Team gehen soll.

 

Was erwartet Kinder, könnten Sie uns ein Beispiel geben?

 

Ein Niedrigseilparcour steht bereit, es sind Seile in Etappen zwischen Bäumen gespannt, auf denen es zu balancieren gilt, denn der Auftrag heißt: “Alle sollen hinüber! Schafft ihr das und wenn dann wie?” Die ganze Gruppe ist zu diesem Team-Abenteuer eingeladen, sie kombinieren ihr Wissen und ihre Fähigkeiten und beratschlagen eifrig, wie sie die Überquerung am besten schaffen. Dann starten sie. Nacheinander steigen sie auf das gespannte Seil und müssen sich balancierend vorwärts hangeln. Die Abstände sind so weit voneinander entfernt, dass keiner alleine hinüber gelangen kann, es geht nur, wenn alle zusammenarbeiten:  man muss die anderen, die hinter und vor einem sind, festhalten, denn das ganze Gebilde ist recht instabil und es gilt, wachsam miteinander zu sein, und niemanden abrutschen zu lassen, sonst… nochmal alles von vorn!

Die erlebnispädagogischen Tage in der freien Natur sind ausgefüllt von verschiedenen Abenteueraufgaben. Daneben sind wir einfach “da” im Naturraum, das erfüllt die Seele und fordert die Sinne.

 

Was nehmen Kinder und Jugendliche von diesen Erlebnissen mit?

 

Die von uns gestellten Aufgaben in der Natur sind Abenteuer und Lernchancen für Hand, Herz und Kopf.

Nachdem tagsüber viele Herausforderungen gemeistert wurden, sitzen die Kinder am Lagerfeuer und reflektieren den Tag: Haben wir uns gut abgesprochen? Hatte derjenige, der Schwierigkeiten hatte, die richtige Hilfe? Was könnten wir verbessern? Die Erlebnispädagogik zeichnet sich dadurch aus, dass die erlebten Momente gemeinsam betrachtet werden und aus allem Erlebten, auch aus dem, was schief gegangen ist , etwas wachsen und werden darf, sowohl für den Einzelnen als auch für die ganze Gruppe. Das bleibt unvergessen.

Wir Erlebnispädagog*innen inszenieren zwar die Settings, die Abenteuer aber entstehen in der Gruppe, in den Herzen, Händen und Köpfen des Einzelnen. Jedes Kind erweitert seinen Handlungsspielraum und kann seelisch und sozial wachsen. Spätestens am Lagerfeuer werden wir vom Du und Ich zum Wir.

Copyright eventus Foto Matthias Disch

Können Sie uns die wichtigsten Maxime der Erlebnispädagogik nennen?

 

●   Sei offen für Neues, wage und beginne!

●   Tue die Dinge freiwillig und lerne deine Selbstverantwortung wahrzunehmen.

●   Empfinde mit deinen Sinnen die Natur da draußen, dann kommst du auch bei dir drinnen im Herzen an.

●   Teilen mit anderen bereichert und verbindet uns.

 

Können Eltern ihren Kindern solche zuhause auch selbst anbieten?

 

Ja natürlich, mein Rat ist: Haltet euch so viel wie möglich draußen auf, nehmt nur wenig mit, es gibt so viel zu entdecken, wenn wir keinen Ballast mitschleppen! Aus einem Spaziergang kann ganz leicht ein Abenteuer werden, wenn ihr es sucht. Eure Kinder denken sich im Nu ein Spiel oder eine Themenwelt aus, lasst euch darauf ein und macht mit! Packt eure Erinnerungen aus, spielt mit, seid mittendrin und dabei! Ob eine Kleckerburg am Strand, ein Staudamm im Bach, eine selbstgemachte Flaschenpost, lasst euch darauf ein, dann ist es schon da euer “Abenteuer mit Hand, Herz und Kopf”! Ihr könnt ruhig einmal etwas “verrückt“ sein wie früher als Kinder. Macht alles etwas “unperfekt”, dann stimmt es, folgt eurem Nachwuchs, denn eure Kinder sind unsere Zukunft. Abends sitzt ihr dann zusammen, schnitzt vielleicht etwas an einem neuen Stock und erzählt euch vom Erlebnis des Tages. Der innere Friede kann sich ausbreiten, denn so ist die Welt „vollständig“. Bis die Frage kommt: “Und was machen wir morgen?”

 

Wer kommt denn zu Ihnen?

 

Schulklassen auf Klassenfahrt oder als Projekttag machen einen großenTeil unserer Teilnehmer aus. Sie kommen, um neben der Schulbildung die körperlichen und sozialen Kompetenzen bewusst zu fördern. Nicht selten gibt es im Vorfeld Gespräche und daraus Aufträge, wenn „etwas in der Klasse nicht stimmt“. Dann schauen die Erlebnispädagogen mit den Schüler*innen, welcher Umgang im Miteinander da ist und was daran verbessert werden könnte. Immer geht es dabei wertschätzend und ressourcenorientiert zu.

 

Wie kann man Erlebnispädagoge werden? Und wo wird Erlebnispädagogik gemacht?

 

Bundesweit finden sich Vereine und Unternehmer, die eine Ausbildung, Weiterbildung oder Fortbildung anbieten. Eventus Erlebnispädagogik Berlin Brandenburg e.V. ist seit 2006 ein etablierter Anbieter in Berlin mit einem ausgesprochen breiten Spektrum: Wir bieten einerseits natursportliche Aktivitäten wie Kanufahren, Floßen, Seilabenteuer, Bogenschießen und Trekken, durch naturnahes Leben und umweltschützendes Verhalten an, andererseits kulturelle Aktivitäten wie Zirkuskünste, Theaterspiel und Musikimprovisationen. Das alles verbinden wir in unseren Angeboten und Projekten zu einer Einheit, die mit und durch die Teilnehmer*innen gelingt und lebt.

Copyright eventus Foto Matthias Disch

An wen richtet sich Ihre Weiterbildung zum Erlebnispädagogen?

 

Sie richtet sich an Menschen aus sozialen Berufen wie Erzieher, Sozialpädagog*innen, Lehrer*innen, Sporttrainer*innen, Teamcoaches, Gemeindepädagog*innen und viele mehr. Sie integrieren und nutzen die Erlebnispädagogik in ihrer Arbeit.

Immer wieder gibt es auch Umsteiger, die ihren klassischen Job an den Nagel hängen und „raus“ wollen. Mit Hilfe der Erlebnispädagogik verwirklichen sie sich selbst. Sie bilden sich fort, sammeln praktische Erfahrungen und können dann später ihren eigenen Schwerpunkt an erlebnispädagogischen Aktivitäten anbieten. 

 

Wer sich jetzt für die Weiterbildung interessiert, kann sich aktuell noch anmelden. Die Kompaktwoche findet vom 25. Juli bis 1. August 2021 in der Uckermark statt. Sie bietet einen Rundum-Einstieg in die Erlebnispädagogik mit Seil-Abenteuer, Spielen, Natur-Erlebnissen und Wald-Aktivitäten, mit Lagerfeuer Feeling und vielen Menschen, denen man hier neu begegnen kann.  Ob man die gesamte Ausbildung buchen möchte oder nur einzelne Themen-Seminare, alles ist möglich!

  

Gibt es aktuell freie Plätze für Kinder & Jugendliche, die im Sommer noch nichts vorhaben?

 

Auf unserer Internetseite www.eventusberlin.com/camp-themenreisen.html findet sich immer der aktuelle Anmeldestand. 

 

Aktuell gibt es noch Plätze für die „Jugendchallenge“, eine Sommerfreizeit mit besonderem Charakter zum Beginn des Jugendalters, vom 2.-7. August 2021 auf unserem Freiluftplatz bei Lychen in der Uckermark.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Copyright eventus Foto Matthias Disch

 

Der Bundesverband Erlebnispädagogik www.bundesverband-erlebnispaedagogik.de erfasst die meisten der erlebnispädagogischen Anbieter in Deutschland und zeigt, wo diese geographisch angeboten werden.

 

 

„Ich begeistere mich für Biografien und das Wachstum der menschlichen Qualitäten und Fähigkeiten. Durch die erlebnispädagogische Arbeit habe ich die Chance, in der Gemeinschaft an einem sinnvollen Projekt in Kunst und Natur zu agieren. Mit Menschen erleben und wachsen ist eine tiefe Bereicherung und eine wunderbare Arbeit“.  

Iduna Bockemühl

 

 

Wer mehr über Iduna Bockmühl ihr Team und ihre Aktivitäten erfahren möchte, kann hier weiterlesen: www.eventusberlin.com

 
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