Margarete Ostheimer GmbH
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„Bereits vor seiner Geburt beginnt die musikalische Biografie eines Kindes. Im Klangraum Mutterleib reagiert es auf Musik und Melodien. Es nimmt die Vibrationen der mütterlichen Stimme mit dem ganzen Körper wahr, und es hört ihren Herzschlag: den Ur-Rhythmus des Lebens. Diese Biografie schreibt sich später weiter in allem, was das Kind an Klängen, Tönen und Geräuschen hört. Und die für seine Erziehung Verantwortlichen – Eltern, Erzieher(innen) und Lehrer(innen) - schreiben mit an der musikalischen Biografie des Kindes. Und das umso besser, je unbefangener und spielerischer sie das Kind in die Welt der Klänge begleiten“, sagt Dorothée Kreusch-Jacob.
Dorothée Kreusch-Jacob ist Konzertpianistin, Musikpädagogin, Liedermacherin sowie Autorin zahlreicher Bücher zum Thema Musikpädagogik und Kreativitäts- bzw. Ausdrucksförderung. Ihre vielfach mit Preisen ausgezeichnete Musik für Kinder bewegt sich vom Kinderlied bis Klassik, von Jazz bis zu meditativen Klangbildern und musikalischen Fantasiereisen. Dorothée Kreusch-Jacob ist Mitautorin des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans im Elementarbereich Musik.
Wie und wann macht ein Kind erste musikalische Erfahrungen?
Bereits ab der 27. Schwangerschaftswoche reagieren Embryos auf bestimmte Melodien, die die Mutter immer wieder singt. Es gilt als sicher, dass neugeborene Kinder ihre Mutter allein am Klang der Stimme wieder erkennen und sich mit ihrer Hilfe schneller beruhigen lassen. Kein Wunder, dass es mittlerweile Kliniken gibt, die sich diese Erkenntnisse zunutze machen. So gedeihen früh geborene Babys besser, wenn sie die vertraute Stimme der Mutter oder ihren auf Tonband aufgenommen Herzschlag hören: eine Art von Hör-Nahrung, die die Trennung von der Mutter leichter überbrücken hilft und die kindlichen Hirnströme in Gang hält und anregt. Der musikalische Weg eines Kindes beginnt also bereits vor der Geburt. Erste musikalische Grunderfahrungen werden im Gehirn festgehalten und gespeichert. Später kommt beim heranwachsenden Kind eine Fülle neuer Daten hinzu, etwa das Schlaflied, das die Mutter leise singt, ihr Sprechgesang, wenn sie das Baby auf den Armen schaukelt, das Rasseln eines Spielzeugs, die fröhlichen Fingerspiele und Kniereiter. Es entsteht ein dichtes Geflecht von Verknüpfungen zwischen Neuem und bereits Vertrautem. Alle diese Informationen werden schließlich spielend und lernend verarbeitet.
Gibt es eigentlich von Natur aus unmusikalische Kinder?
Nein. Jedes Kind ist musikalisch. Die Anlagen dazu bringt es mit auf die Welt. Musikalität ist zunächst nichts anderes als die Fähigkeit, von Musik berührt zu werden, nichts anderes, als auf alles, was klingt, zu reagieren. Ein Kind ist offen und bereit, die Welt des Klanges in sich aufzunehmen und sich auf musikalische Weise auszudrücken. Wie auf allen Gebieten seiner Entwicklung läuft der Weg, den es dabei einschlägt, über die Sinne. Spielerisch und voller Neugier erweitert es im Laufe der Zeit allmählich seine musikalischen Möglichkeiten.
Aber das Vorurteil vom unmusikalischen Kind besteht offensichtlich immer noch in den Köpfen mancher Erwachsener. Und es gibt Kinder, die von sich behaupten, nicht singen zu können.
Leider. Was viele nicht wissen: Auch in der Musik gibt es eine musikalische Vor-Sprache, ähnlich den Kritzelbildern im Kleinkindalter. Kritik und zu frühe gezielte Anleitung bringen manches Kind zum Verstummen. Während wir inzwischen akzeptieren, dass es beispielsweise beim Sprechenlernen sowie auf anderen Gebieten gewisse Entwicklungsverzögerungen geben kann, die unproblematisch sind und aufgeholt werden können, steht es um die Beurteilung von Musikalität beim Kind anders. Hier glauben viele, „unmusikalische“ Kinder früh zu erkennen, und zwar aufgrund populärer, jedoch unsachlicher Kriterien. So muss zum Beispiel das musikalische Kind „früh“, „viel“ und „richtig“ singen. Dazu kommt eine gewisse Verklärung und Mystifizierung von Musik als Kunst. Demnach wird denn auch Musikalität als Begabung gesehen, die einem Menschen geschenkt oder angeboren ist. Was außerhalb gewohnter Normen fällt, hat es ganz offensichtlich schwer. „Unmusikalisch“ – dieses Wort wirkt lähmend. Wie soll das kleine Kind, das unbekümmert singt, einsehen können, dass es „falsch“ singt, solange Musikalität daran gemessen wird, wie gut oder korrekt eine vorgegebene Melodie reproduziert wird, der eigenen Entfaltung des musikalische Ausdrucks jedoch wenig bis keine Aufmerksamkeit geschenkt wird. Solange „Musikalität“ in den Augen vieler nur als das Hineinwachsen in eine bereits bestehende musikalische Umwelt gesehen wird, sind „unmusikalische“ Kinder geradezu vorprogrammiert. Die vermeintlich „unmusikalischen“ Kinder werden zu Außenseitern, zu „Brummern“, die nicht mitsingen dürfen, zu ängstlichen und verkrampften Kindern, die weder ihren Ohren noch ihrer Stimme trauen.
Wie erleben die Allerkleinsten Musik?
Babys lernen mit all ihren Sinnen. Staunend, horchend und tastend versuchen sie ihre Welt zu er-fassen und zu be-greifen – mit Auge und Ohr, Herz und Hand. Eltern in aller Welt haben ein großes Repertoire an lustigen Fingerspielen und Kniereitern auf Lager. Wenn Mutter und Vater dabei lustige Reime singen, sind Musik und Bewegung eins. Dies vermittelt kleinen Kindern positive Gefühle. Und diese wiederum bewirken, dass sie das Gelernte besser verankern und gleichzeitig fähig werden, es zum Ausdruck zu bringen – immer und immer wieder. Nicht umsonst sind manche Lieder und Reime schon bei Babys beliebte Dauerbrenner.
Welche Spiele eignen sich für die Allerkleinsten?
Alle möglichen Klangspiele, die sich leicht selber herstellen lassen: Ein Schmusebär bekommt ein Glöckchen ans Ohr genäht. Ein Waschlappen wird in ein Knisterkissen verwandelt, indem man raschelnde Folie einnäht. Papprollen können mit rasselnden Dingen gefüllt werden: die kleinen zum Schütteln, die großen zum Rollen. Wichtig: Der Deckel der Rolle muss gut zugeklebt werden, damit nichts herausrieseln kann. Interessant für Babys sind auch Windspiele überm Bettchen oder an der Zimmerdecke - mit Metallplättchen, Glöckchen, Metallröhren, Bambusstäben oder Schildplattplättchen. Sie klingen sehr schön, wenn sie durch einen Luftzug bewegt werden. Viel Spaß machen den Kleinen auch Klangspiele zum Hinterherziehen. Dafür werden Metallringe, Glöckchen oder Holzstäbe an ein Holzauto gebunden. Begeistert sind die Kleinen von allen möglichen Bewegungsspielen mit Musik – hin- und herschaukeln, sanft in einem großen Tuch gewiegt werden, mit Mama tanzen. Auch Kitzelverse, Handmärchen und Fingerspiele schaffen Nähe und lassen das Baby fröhlich lachen und strampeln.
Was halten Sie von den bei Kindern oft so beliebten Musikkassetten und -CDs?
Als jederzeit durch Knopfdruck verfügbare akustische Dauerlutscher übernehmen Kassetten und CDs manchmal ungewollt die Rolle von heimlichen Musikerziehern und prägen Musikgeschmack und Hörgewohnheiten. In welcher Weise die musikalische Entwicklung unserer Kinder durch Medien beeinflusst wird, hängt zum großen Teil davon ab, was sie hören. Eine fast unübersehbare Flut an Produkten, die alljährlich auf den Markt geworfen wird, macht Überblick und Auswahl schwer. Manche Produzenten scheinen dabei davon auszugehen, dass Kinder an allem ihren Hör-Spaß haben, nur nicht an musikalischer Qualität. Steriler Computersound, elektronische Tricks, billige Effekte, standardisierte Musikfloskeln oder modisch aufgepeppte musikalische Kindertümelei sind gang und gäbe. Akustische Plattheiten verführen zu passivem Musikkonsum. Sie vermögen jedoch kaum die Vorstellungskraft eines Kindes anzuregen.
Wie finden Eltern gute Musikkassetten oder –CDs für ihr Kind?
Da jede Kassette, ganz gleich, wie gut oder schlecht sie gemacht ist, einen Hörzwang aufs Kind ausüben kann, ist es wichtig, dass es sich nicht an billig produzierter musikalischer Allerweltskost die Ohren verdirbt. Denn solche „Musik“ wird niemals wohltuend auf die Psyche oder anregend auf die musikalische Fantasie eines Kindes wirken können. Sie ist Ware und wird als solche konsumiert. Wer sich allerdings auf die Suche nach guten Kinderkassetten und -CDs begibt, wird entdecken, dass musikalische Qualität nicht langweilig und brav daherkommen muss. Es gibt sie, die Kassetten und CDs, die den kleinen Hörern Spaß machen und sie gleichzeitig in ihren musikalischen Bedürfnissen ernst nehmen. Vorausgesetzt, der Musiker versteht es, auf seinem Instrument Spannungen zu erzeugen, Energien zu wecken und damit spür- und hörbare Wirkung auf den Hörer zu übertragen. Kinder erfassen diese musikalischen Unterschiede genau. Sie hören mit dem Herzen und spüren mit den Ohren Wirkungen auf, die uns Erwachsene manchmal staunen lassen. Zu Liederkassetten oder –CDs sollte auf jeden Fall ein Liederbuch mit bunten Bildern gehören – wenn möglich auch mit Anregungen für Spiele zu den einzelnen Liedern. So bleibt es nicht beim passiven Hören. Die Lieder können vielmehr das aktive Spiel begleiten. Lieder – gehört, gesehen, gehüpft, gesprungen und gesungen – prägen sich ein. Solche Ohrwürmer tauchen dann später bei den verschiedensten Gelegenheiten wieder auf.
Sollen Kinder möglichst früh ein Instrument erlernen?
Wenn Kinder mit Instrumenten in Berührung kommen – Mama spielt Klavier, die Tante Akkordeon, die große Kusine Geige, das Nachbarskind Blockflöte -, haben sie oft den Wunsch, auch ein Instrument zu erlernen. Doch die Auswahl ist groß. Und es ist nicht einfach auf Anhieb das richtige zu finden. Wichtig: Kinder sollten nach Möglichkeit selbst wählen dürfen. Und sie können es auch. Soll ihnen die Musik ein Leben lang Freude machen, müssen sie ihr Instrument lieben. Sein Klang und seine Spielweise müssen ihm gefallen und entsprechen. Instrumente kennen lernen und ausprobieren können Kinder in einer Musikgruppe. Sei es privat oder im Rahmen einer Musikschule. Hier werden an verschiedenen Instrumenten zunächst spielerisch musikalische Grunderfahrungen gemacht. Kinder horchen, schauen und ahmen nach. Instinktiv spüren sie, ob ihnen ein Instrument liegt oder nicht. Instrument und Spieler haben eng miteinander zu tun. Sie passen zusammen, haben oft das gleiche Naturell.
Wie finden Eltern eine gute Musiklehrerin oder einen guten Musiklehrer für ihr Kind?
Neben Privatlehrern gibt es mittlerweile sehr viele Musikschulen. Dank öffentlicher Mittel sind sie günstig im Preis. Neben dem reinen Instrumentalunterricht bieten sie auch Fächer an, die die musikalische Allgemeinbildung ergänzen, wie Musiklehre oder Gehörbildung. Außerdem geben sie Gelegenheit, in Gruppen zu musizieren. Ganz gleich, ob Privatlehrer oder Musikschule: Letztendlich werden Eltern sich einen ganz persönlichen Eindruck von dem Menschen verschaffen müssen, dem sie die musikalische Ausbildung ihres Kindes anvertrauen. Denn der unpersönliche Akt der Einschreibung in der Musikschule oder ein einmaliges Gespräch am Telefon mit dem Privatlehrer reichen nicht aus. Hier ein paar Kriterien: Schülerkonzerte oder –vorspiele sind eine gute Gelegenheit, um einen Lehrer oder eine Schule kennen zu lernen. Ist hier eine Atmosphäre, in der Kinder locker und frei spielen können? Sind die Stücke dem Alter und Können der Kinder angemessen? Werden die kleinen Spieler vom Lehrer „aufgefangen“, wenn’s mal schief geht? Ein Gespräch mit dem betreffenden Lehrer führt bereits zu mehr persönlicher Nähe. Wirkt diese auf das Kind ermunternd oder befremdend? Kann es erstes Vertrauen gewinnen? Die pädagogische Grundhaltung des Lehrers sollte mit der der Eltern übereinstimmen. Wichtig ist darüber hinaus die Vereinbarung eines Unterrichtsbesuches und einer Probezeit.
Frau Kreusch-Jacob, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Dieses Interview führte Jette Lindholm für unsere Redaktion.
Mehr über Dorothée Kreusch-Jacob, ihre Bücher und ihre Musik finden Sie im Internet unter: www.dorotheekreusch-jacob.com
Dorothée Kreusch-Jacob
Jedes Kind braucht Musik
Ein Praxis- und Ideenbuch zur ganzheitlichen Förderung in Kindergarten und Familie
Hören und Singen, Bewegung und Rhythmus, den eigenen Körper spüren und ein Instrument spielen: Musikalische Erziehung unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung eines jeden Kindes. Sie fördert Kinder in vielen Bereichen – von der Sprache bis zur Kreativität. Musik hat darüber hinaus eine ausgleichende Wirkung und steigert so das Wohlbefinden. Das Buch ist eine wahre Fundgrube für Eltern und Erzieher(innen), die mit kleinen Kindern singen, musizieren und sich bewegen wollen. Besondere musikalische Vorkenntnisse sind dabei nicht erforderlich. Wie wichtig Musik für Kinder ist, kommentiert der Hirnforscher und Neurobiologe auf der Rückseite dieses empfehlenswerten Buches: „Singen, musizieren oder einfach nur zuhören, am besten gemeinsam, ist Kraftfutter für Kindergehirne.“
Kösel Verlag, 260 Seiten,
Dorothée Kreusch-Jacob
Musik macht klug
Wie Kinder die Welt der Musik entdecken
Dieses Buch fragt trotz seines provokativ-verkürzenden Titels nicht nach Begabung. Sein Sinn liegt nicht darin, Musik für einen Zweck zu gebrauchen, der Leistungs- und Erfolgsdenken heißt. Es möchte vielmehr Kindern die Musik in ihrem wunderbaren Wesen näher bringen. Dabei lenkt die Autorin – angesichts der Forschungsergebnisse der letzten Jahre – aber auch den Blick auf Zusammenhänge, die bisher oft nicht deutlich genug zur Sprache kamen, nämlich: Musik wirkt nicht nur begabend für die Seele, sondern auch für den Geist. Dieses Buch macht Eltern Mut, die das Vertrauen in die eigenen musikalischen Fähigkeiten oder gar in die des eigenen Kindes verloren haben.
Kösel Verlag, 158 Seiten,
Dorothée Kreusch-Jacob
Zauberwelt der Klänge
Naturton-Musik zum Entspannen und Genießen
Produziert von Cornelius Claudio Kreusch für BlackMudSound RECORDS/KREUSCHmusic GbR
Die wunderschönen Klangbilder mit Naturton-Instrumenten aus aller Welt möchten ermuntern zu einer Reise in die Zauberwelt der Klänge. Sie laden Kleine und Große zum Verweilen ein – überall dort, wo die Fantasie zu Hause ist. Auf dem Zauberfloß flussabwärts treiben, das Blau des Meeres atmen, der Musik des Regens lauschen, den Sonnentanz der Indios tanzen, summend den Traumpfad entlanggehen, mit weit ausgespannten Flügeln als Albatros am Himmel kreisen: All das können Kinder und Eltern gemeinsam oder ganz allein erleben. Dorothée Kreusch-Jacob und ihre musikalische Familie haben zauberhafte und exotische Klangbilder von malerischer und eindrücklicher Intensität und Schönheit geschaffen: Klänge zum Zeitnehmen und Zeitschenken und zeitlose Musik für die Ewigkeit des Augenblicks.
Kösel Verlag, Laufzeit ca. 60 Minuten
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