Margarete Ostheimer GmbH
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Deutschland
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Alle Menschen haben Gefühle – alle großen und kleinen Menschen. Und Gefühle sind wunderbar, sie machen das Leben für uns spürbar und sie zeigen uns wie wir zu bestimmten Sachverhalten stehen. Sie helfen uns, klar für etwas einzustehen oder uns abzugrenzen (Wut). Sie wirken Wunder, wenn es darum geht, etwas Unveränderbares anzunehmen (Trauer). Sie schützen uns vor Gefahren (Angst). Und vieles mehr.
Doch den Umgang damit müssen Menschen erst lernen. Das hat mit der Entwicklung und Beschaffenheit des menschlichen Gehirns zu tun. Das Kindergehirn und der Kinderkörper werden lange Zeit nahezu ungefiltert von Gefühlen geflutet, sie bestehen in den entsprechenden Momenten quasi aus dem jeweiligen Gefühl und wissen nicht, dass sie sich jemals wieder anders fühlen werden. Sie müssen von den Eltern Co-reguliert werden (Ruhe bewahren, Nähe anbieten, da sein, Gefühle benennen, Reize abschirmen, zusammen atmen, Alternativen anbieten).
Damit das gelingt, müssen die Eltern selbst ganz bei sich und in der Ruhe bleiben können (Stichwort: Selbstregulation). Sie sind die Felsen in der Brandung, die Sicherheit gebenden Leuchttürme, wenn in der Wahrnehmung der Kinder die Stürme toben. Eltern müssen sich in diesen Momenten eindeutig erwachsen verhalten, um ihre Kinder durch ihre Gefühlsstürme begleiten und ihnen hilfreich zur Seite stehen zu können.
Wenn sie selbst mitgerissen werden und mit eigenen großen Gefühlen reagieren, können die Kinder zum einen nicht lernen, mit ihren eigenen Gefühlen umzugehen und diese zu regulieren. Zum anderen machen sie die Erfahrung, dass die Gefühle anderer Menschen eng mit ihren eigenen verknüpft sind. Viele Jahre lang waren Sätze wie „Wenn du xy machst, bin ich traurig“ üblich. Diese Botschaften werden heute zwar nicht mehr verbal ausgedrückt, und doch spüren die Kinder „Wenn ich wütend werde, wird Mama traurig“. Oder selbst wütend, hilflos oder ängstlich. Die Gefühlswelten sind quasi miteinander verstrickt.
Natürlich beeinflussen wir uns gegenseitig, und weil wir soziale Wesen sind, können wir die Gefühle von anderen mit fühlen. Und doch ist die Wut des Kindes seine Wut, nicht die der Mutter. Und der kindliche Kummer ist der Kummer des Kindes und nicht der des Vaters. Für ein Kind ist wichtig, dass es spürt, erfährt und erkennt: „Manchmal fühlt es sich an als würde die Welt untergehen. Dann ist Mama für mich da. Und der Sturm in mir geht auch wieder vorbei, das ist (z.B.) Wut. Das hat Mama mir erklärt. Das ist okay. Alle Menschen sind manchmal wütend, auch Mama. Ich kann dann Worte suchen und sagen was mich so ärgert. Oder stampfen. Einen Schrei ins Kissen brüllen ist auch okay. Hauen tut anderen weh und auch Worte können verletzen. Das ist nicht okay. Also nutze ich Wege um mich auszudrücken, die niemanden verletzen.“
Es ist wichtig für ein Kind zu erfahren:
• dass seine Gefühle wichtig sind,
• dass es lernen kann damit umzugehen und gleichzeitig,
• dass niemand umfällt, weil es welche hat.
Die Erwachsenen halten das schon aus. In den letzten Jahrzehnten war es üblich, die Gefühle der Kinder in positiv und negativ einzuteilen und die negativen sollten ausgemerzt werden, indem sie ignoriert und die Kinder separiert wurden (z.B. indem sie in ihr Zimmer oder auf die Stille Treppe geschickt wurden). Das ist zum einen absolut überfordernd für die Kinder und zum anderen für ihre emotionale Reifung kontraproduktiv. Denn sie lernen auf diese Weise nicht ihre Gefühle zu regulieren, sondern zu kontrollieren und sie unterdrücken sie, was sich langfristig schädlich auf ihre Entwicklung auswirkt.
Was ist stattdessen für Eltern zu tun, wenn ihre Kinder von ihren Gefühlen geflutet werden? Es ist ein feinfühliger Balanceakt und beinhaltet
• selbst die Ruhe zu bewahren
• einfach da zu sein (nicht ablenken)
• das Kind und seine Gefühle zu würdigen
• die Gefühle zu benennen und zu validieren
• falls gewünscht: Körperkontakt anbieten
• falls möglich: gemeinsam nach alternativen Lösungen suchen
• falls nötig: sich und/oder das Kind schützen, nie mehr Kraft anwenden als unbedingt notwendig und Alternativen anbieten: ins Kissen hauen, stampfen, rennen, schieben
Grundlegend ist, dass Eltern selbst einen angemessenen, gesunden Umgang mit ihren eigenen Gefühlen leben und vorleben. Wer das noch nicht kann, weil er oder sie es in der eigenen Kindheit nicht lernen konnte und durch die Gefühle und den Gefühlsausdruck der Kinder große eigene Gefühle (Wut, Trauer, Hilflosigkeit) erlebt, sollte sich unbedingt auf den Weg machen. Das ist anstrengend, mitunter schmerzhaft und so wichtig – für die Eltern selbst und ihre eigene Gefühlswelt. Und um die Gefühle ihrer Kinder begleiten zu können: felsenfest und mit weichem Herzen.
Hanna Articus
Räume für Menschen
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