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Mama, darf ich an den Computer?"

Der frischgebackene Erstklässler Felix kommt aus der Schule und erzählt "Daniel darf am Wochenende Fluch der Karibik gucken und  Gregor spielt jeden Nachmittag mit seinem Bruder Spiele am Computer". Manchmal scheint es als ob es ganz normal wäre, dass Grundschüler viele Stunden ihrer Freizeit vor dem Bildschirm verbringen. Gleichzeitig warnen Gesundheitsexperten und Hirnforscher vor den Folgen. Wir fragten die Grundschullehrerin und Lerntherapeutin Ulrike Barth, ob und wieviel Kinder Medien nutzen sollten.


Wieviel sollten Grundschulkinder fernsehen dürfen und wie lange den Computer benutzen?

Barth: Meine Frage ist, muss das überhaupt bei den Kleinen sein? Neueste Forschungen behaupten gar, Fernsehen mache dumm (siehe FaS, Nr.32 vom 14.8.2005). Ich bin strikt gegen Kino, Fernsehen und auch gegen Märchen- oder andere Kassetten im Vorschulalter und auch im Grundschulalter. Und das aus verschiedenen Gründen:

1. Meiner Erfahrung nach, erschrecken viele Erstklässler von dem Inhalt der Bilder, die sie zu früh sehen, und das macht sie unsicher. Zunächst sitzen die Kinder ruhig und gebannt vor dem Bildschirm. Egal ob Fernsehen oder Computer, ihnen ist erstmal nichts anzumerken, aber hinterher in den Kindergärten und Schulen, im sozialen Miteinander, dort treten die Ängste und Unsicherheiten auf.

Dort sehen wir die Spuren, die Fernsehen und andere Medien hinterlassen. Hier kann man nicht dramatisch genug davor warnen, auch, wenn es antiquiert klingt. Kinder driften schon in Parallelwelten, spielen das Gesehene nach und verstehen aber gar nicht, was passiert ist.

2. Die Bilderflut, könnte man sie vom Inhalt abkoppeln, ist zuviel für die Kinder. Sie werden unruhig und zappelig. Die schwerwiegenden Folgen davon sehen wir in den Schulen, auch an Waldorfschulen, an den unruhigen Kindern, denen zuviel Medienkonsum gestattet wird.

Nehmen wir einmal an, ein Kind entwickelte keine Ängste aufgrund des Inhaltes und keine Unruhe aufgrund der Bilderflut, ist dann Medienkonsum unbedenklich?

Barth: Auch hier bleibt noch ein Letztes, das oft übersehen wird: Die Bilder zu den Worten entstehen nicht mehr im eigenen Kopf oder durch das eigenen Erleben, das Kind übernimmt sie vorproduziert. Wenn ein Kind, wie kürzlich bei ein Gespräch über den bevorstehenden Kindergeburtstag bei dem Wort Geburtstagstorte, nicht mehr einen leckeren Kuchen mit Kerzen in seiner Phantasie sieht, sondern von Torten mit Dynamitstangen erzählt und phantasiert wie der Kuchen explodiert, wissen wir sofort, dass diese Bilder aus den Comicserien stammen, aber verstehen wir auch was dem Kind hier genommen wird? Die eigene Phantasie wird durch ein fertiges Bild besetzt, das eigene Vorstellungsvermögen wird nicht gefordert, es kann sich gar nicht entwickeln, weil sofort ein bekanntes Bild aus dem Unterbewussten hervorkommt. Vorstellungsvermögen aber ist enorm wichtig, um später beispielsweise abstrakte Rechengänge in Mathematik vollführen zu können.

Es gibt selbstverständlich eine Zeit, in der Eltern die Kinder an die Medien heranführen müssen, aber bestimmt nicht in der Kindergartenzeit und auch nicht in der Grundschulzeit. Auch hier hat PISA mehr geschadet als geholfen. Einen Computer zu bedienen erlernt jeder schnell, denken wir an uns selbst, und wir wurden auch nicht im Kindergarten darauf vorbereitet! Viel wichtiger ist es eine eigenständige Meinung zu haben, zu dem was uns täglich via Internet inhaltlich vermittelt wird, und das sollten wir unseren Kindern beibringen. Urteilskraft aber lernt man eben gerade nicht vom Zuschauen und beim Arbeiten mit dem Computer im Kindergarten und Grundschule, sondern durch unmittelbare Erfahrungen in der wirklichen Welt.

Ulrike Barth ist Waldorflehrerin, Sonderpädagogin, Erwachsenenpädagogin und Lerntherapeutin (FiL). und arbeitet an einer Berliner Waldorfschule mit einem sonderpädagogischen Zweig.

Für Spiel und Zukunft beantwortete Sie Fragen zum Thema "Schulkinder und Medien".

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