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FRÜHJAHR im Jahreszeitengarten

Jette Lindholm hat mit der Naturpädagogin Irmgard Kutsch darüber gesprochen, welche Erfahrungen Eltern und Kinder im Frühjahr sammeln können. Diese Folge beschäftigt sich mit dem Anlegen einer Kräuterspirale sowie mit den nützlichen Bienen, Hummeln und Wespen.


Spielten Kräuter für uns Menschen immer schon eine große Rolle?

Schon in vorgeschichtlicher Zeit sammelten die Menschen heilende und wohlschmeckende Kräuter, kurz bevor die Sonne ihren Höchststand erreicht hat, weil dann die Heilkräfte am größten sind. Aus alten Schriften, Zeichnungen und Drogensammlungen geht hervor, welches Wissen zum Beispiel schon die altägyptischen Priesterärzte hatten. Die Aufzeichnungen des Hippokrates und des Plinius galten als Vorbilder für die ersten Kräuterbücher, die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit in Europa gedruckt wurden. Ihre Verfasser waren entweder Mönche oder Nonnen, wie zum Beispiel Hildegard von Bingen, oder der Art Paracelsus. Sie legten sich Kräutergärten an und lernten manches auch durch fahrendes Volk, Schafhirten und Kräuterfrauen kennen. Obwohl sie die Heilkraft so mancher Pflanze nur erahnte, ist es erstaunlich, wie sicher sie sich diese Kräfte zunutze machten.


Gab es damals schon so etwas wie Kräuterheilkunde?

Heilung und Heilkunde zählten zu jener Zeit noch zu den Erfahrungswissenschaften, und man wendete sie mit großer Sicherheit zum Wohle des Patienten an. Vor mehr als einhundert Jahren beschäftigte sich der Wörishofener Pfarrer Sebastian Kneipp intensiv mit der Heilpflanzenkunde. Erst damals begann man, die Pflanzen im Sinne der modernen, analytischen Wissenschaft auf ihre chemischen Inhaltsstoffe zu untersuchen und sie aufgrund ihrer heilenden Wirkstoffe einzuteilen.


Welche Kräuter sollten Eltern mit ihren Kindern denn anpflanzen?

Erst einmal vorweg: Richtig angewendet können Heilkräuter nicht schaden. Am besten ist es, sie vorbeugend, also zur Erhaltung der Gesundheit, anzuwenden. Dazu eignen sich am ehesten die bekannten Küchen- bzw. Würzkräuter, die man möglichst regelmäßig der Nahrung beigibt. Im Garten sollte ein vielseitiges Kräuterbeet nicht fehlen. Empfehlenswert ist das Anlegen einer Kräuterspirale für Gewürzpflanzen.

Die schöne Zeichnung haben wir mit freundlicher Genehmigung des Waldowverlages abgebildet, sie kann beim Verlag als Lesezeichen bestellt werden. www.waldowverlag.de


Wie legt man eine solche Kräuterspirale an?

Obwohl viele Kräuter Sonne und trockene Standorte lieben, benötigen andere leichte Beschattung und feuchte Böden oder sogar seichtes Wasser. Die Kräuterspirale kann jedem Kraut einen passenden Lebensraum bieten, wenn die Grundfläche ausreichend groß ist. Bei kleinen Flächen sollte man auf starkwüchsige Kräuter verzichten. An einem sonnigen Platz wird zunächst die Trockenmauer aufgeschichtet. Die Innenräume werden mit kalkhaltigem Bauschutt oder Steinen aufgefüllt. Der obere Bereich der Spirale erhält einen mageren Oberboden-Standort für anspruchslose und wärmebedürftige Kräuter, zum Beispiel Thymian, Lavendel, Estragon, Salbei und Majoran. Der untere nach Norden liegende Abschnitt wird mit Gartenerde und Kompost aufgefüllt. Hier können schattenverträgliche Kräuter mit höherem Nährstoffbedarf gepflanzt werden, zum Beispiel Petersilie, Schnittlauch, Melisse. Am Fuß der Spirale kann ein kleiner Teich angelegt werden – als Standort für Brunnenkresse und Wasserminze.

Sobald der Frühling ins Land gezogen ist, können Kinder das Wachsen und Blühen der Bäume, Blumen und Hecken bewundern. Sie beobachten Käfer, Bienen und Hummeln und freuen sich über die bunten Schmetterlinge und Libellen.

In Gärten mit überwiegend Rasen und wenig blühenden Pflanzen haben Kinder jedoch kaum Gelegenheit, mit verschiedenen Insekten Bekanntschaft zu machen. Was sagen Sie als Naturpädagogin dazu?

Der Artenreichtum eines Gartens ist die erste Voraussetzung für ein stabiles ökologisches Gleichgewicht und damit auch der wirkungsvollste Beitrag zu erfolgreichem Pflanzenschutz. Die kaum beachteten Insekten spielen dabei die entscheidende Rolle. Im Garten lassen sich diese vielen kleinen Helfer durch Anlage von Lebensräumen, etwa Hecke, Holzhaufen oder Wiese und einer vielfältigen Gestaltung und Pflanzung von Blütenpflanzen wirkungsvoll fördern. Zusätzlich können bei einigen Arten Nisthilfen die Ansiedlungschancen verbessern. Dies gilt besonders für eine der größten Insektengruppen, die Hautflügler, zu denen die Bienen, Hummeln und Wespen gehören.


Warum sind ausgerechnet Wespen so wichtig, vor denen viele Menschen doch gerne Reißaus nehmen?

Sie haben zu Unrecht einen schlechten Ruf als stechende Plagegeister. Bienen, Hummeln und Wespen leisten im Garten wichtige Bestäubungsarbeit. Und Wespen helfen bei der Dezimierung und Regulierung Pflanzen fressender, zum Teil schädlicher Insekten. Die meisten Bienen, Hummel- und Wespenarten bilden keine Staaten, sondern leben einzeln. Da sie kein Volk verteidigen müssen, sind sie auch nicht aggressiv. Die Weibchen bauen Brutröhren in morschem Holz, alten Zaunpfählen, Holzstängeln von Pflanzen, Steinspalten, Sandgruben oder Wegen und versorgen ihre Brut ohne die Mithilfe ihrer Artgenossen. Als Nahrungsvorrat für die Larven werden entweder Blütenstaub und Nektar oder bei den meisten Wespen gelähmte Insekten und Raupen in die Brutkammern eingebracht. Die Brutkammern werden dann zum Beispiel mit Lehm, Harz oder Blättern verschlossen. In der freien Natur beobachten wir jedoch seit einigen Jahrzehnten einen starken Rückgang einzeln lebender Bienen, Hummeln und Wespen. Ursache dafür sind zum einen Umweltgifte, zum anderen die Beseitigung ihrer Lebensgrundlagen.


Müssen Eltern, in deren Gärten sich Honigbienen angesiedelt haben, nicht befürchten, dass ihre Kinder ständig gestochen werden?

Keineswegs. In der Natur-Kinder-Garten-Werkstatt Reichshof haben wir sehr positive Erfahrungen mit Honigbienen gesammelt – trotz ständig wechselnder Kinder- und Erwachsenengruppen. Während des ganzen letzten Sommers wurde von etwa 2000 Besuchern niemand gestochen, obwohl fünf Bienenvölker in unserem 1.200 Quadratmeter kleinen Außengelände beheimatet sind. Mit zunehmender Erfahrung in Sachen Bienenhaltung kann der Erwachsene den Kindern nahe bringe, in welch einem friedlichen sozialen Miteinander die Bienen im Volk für das Gemeinwohl sorgen. Inzwischen verhält es sich leider so, dass die Bienen den Menschen zum Überleben brauchen. Profitgründe führten zur Verbreitung der aus Indien eingeschleppten Varroa-Milbe, die eine verhängnisvolle Bienenkrankheit verursacht. Unbehandelt führt sie für alle unsere heimischen Bienenvölker zum Tod. Soll für die Zukunft der natürliche Kreislauf von Bestäubung, Fruchtbildung und Nahrung bewahrt werden, ist der Mensch gefordert, Überlebenshilfe für die Honigbienen zu leisten.


Was können wir tun?

Wir könnten den Solitärbienen-, hummeln und –wespen Nistmöglichkeiten schaffen, zum Beispiel mit angebohrten Hartholzklötzen, Baumscheiben oder Obstbaumstämmen. Die Bohrungen sollten unterschiedliche Durchmesser von 1 – 10 mm und eine Tiefe von 5 – 10 cm haben und waagerecht ausgerichtet sein. Ebenso können hohle Stängel und Zweige von Holunder oder Schilf gebündelt aufgehängt werden. Wir hängen oder stellen diese Nisthilfen an einem sonnigen und windgeschützten Platz auf. Selbst auf einem Balkon in der Stadt können diese Nisthilfen bei günstigen Bedingungen angenommen werden. Auch die Ritzen von Trockenmauern oder offene Sandflächen, zum Beispiel auf Gartenwegen, werden von manchen Arten als Nistplätze angenommen. Ebenso wichtig sind als Nahrungsquelle blütenreiche Lebensräume – Wiesen, Blumenbeete, Wildkrauthecken. Auf jeden Fall sollten wir giftige Chemikalien, etwa Insekten- und Unkrautvernichtungsmittel, vermeiden.

Frau Kutsch, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Buchtipp

 

Irmgard Kutsch / Brigitte Walden:
Natur-Kinder-Garten-Werkstatt Frühling

Die Autorin stellt ihre Arbeit mit Kindern in der 1994 gegründeten „Natur-Kinder-Garten-Werkstatt Reichshof e.V.“ vor. In dem Band über den Frühling regt sie zum Bau von Nistkästen für Vögel an und gibt Tipps fürs Anpflanzen von Kräutern, Blumen und Früchten. Eltern und Erzieher werden auch in diesem Band der vierteiligen Reihe viele Tipps zur Gartengestaltung finden, etwa wie man einen Kletterwall oder eine Balancier- und Sitzspirale anlegt.

Sie räumt auf mit den Vorurteilen über Bienen, Hummeln und Wespen, die zu Unrecht einen Ruf als stechende Plagegeister haben. Irmgard Kutsch erzählt, wie Honigbienen leben und wie man bei Kindern das Interesse für die Imkerei wecken kann. Eine wahre Fundgrube vor allem auch für Familien, die ihren Kindern ein Stück unberührte Natur erhalten wollen und die nach Möglichkeiten suchen, ihren Garten so zu gestalten, dass er Lebensräume für eine Vielfalt von Insekten und Vögel bietet.

112 Seiten, Verlag Freies Geistesleben

Einen schönen Frühling wünscht Ihnen und Ihren Kindern das ganze Team von Spiel und Zukunft!

 
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