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Die Dorfgemeinschaft Lautenbach

Im Gespräch mit der Vertriebsleiterin Veronika Treubel, die seit 1993 in der Gemeinschaft in Lautenbach arbeitet, erfahren Sie mehr über das ungewöhnliche Dorf, das so viele schöne Dinge hervorbringt.

Schildern Sie bitte kurz die Entstehung und die Zielsetzung der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach!

Unsere Lebens –und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach wurde im Jahr 1971 von Hans Dackweiler begründet. Er wollte für seelen-pflegebedürftige Menschen eine Heimat schaffen, in der sie arbeiten und leben können. Sein Traum wird heute von 250 Menschen gelebt.


Welche Materialien verwenden Sie bei der Spielzeugproduktion?

135 Menschen mit Behinderungen verarbeiten Holz, Metall, Leder, Papier und Wolle zu Spielzeugen wie Baukästen, Dreirädern, Bällen, Bücher, Karten und Teppichen. Alle unsere Produkte werden in kleinen Serien in verschiedenen Werkstätten handgefertigt. Unsere Produkte sind so solide gebaut, dass sie wie in alten Zeiten über Generationen halten. Made in Germany – das ist für uns kein Werbeslogan, sondern ein Gütesiegel und gelebter Alltag. Es bedeutet 100 % hergestellt in Lautenbach und Deckenpfronn. Selbst das Leder stammt von Kühen aus dem süddeutschen Raum!


Welche Produktlinie im Bereich Spielzeug ist bei Ihren Kunden besonders beliebt?

Besonders beliebt sind unsere Zimmerautos, aber auch die Puppen- und Leiterwägen und Schubkarren. Das rasende Lenkrad ist ein besonderer Renner und wurde auch schon im Spiel- und Zukunft-Gewinnspiel verlost.


In welchen Spielzeugläden können Eltern Ihre Produkte kaufen? Gibt es auch Online-Shops?

Unsere Produkte kann man in allen guten Fachgeschäften kaufen oder bestellen. Wir betreiben auch einen Online-Shop.


Was brauchen Kinder zum Spielen und was auf keinen Fall?

In meinen Augen sind Computer und so genanntes Lernspielzeuge überflüssig. Sie sind zu einseitig, und sprechen nur den Kopf und dort auch nur spezielle Bereiche an. Wenn man Kindern einfaches, aber vielseitiges Spielzeug gibt, mit dem sie sich bewegen und das sie verschiedentlich nutzen können, sind sie gefordert, sich damit selbst etwas auszudenken. Sie lernen dabei mehr. Mit unserer Schubkarre beispielsweise können sie losziehen und nach Herzenslust (auch in der Wohnung) Dinge ein- und ausladen, sie als Transportmittel für die Puppe oder den Spielkameraden benutzen oder umdrehen, sich darauf setzen, und als Fantasie-Flugzeug verwenden: dem unerschöpflichen, kindlichem Einfallsreichtum sind damit keine Grenzen gesetzt.

Bitte ergänzen Sie folgenden Satz: „Spielen ist gerade für Kinder heute wichtig, weil...“

…der Druck von außen auf Eltern und Kinder sich für die Leistungsgesellschaft fit zu machen immer stärker wird.


Was sind Ihre Zukunftsvisionen in Bezug auf eine glückliche Kindheit?

Kinder sollten auch in Zukunft genug Zeit und Raum haben, sich zu bewegen und eigene Erfahrungen machen dürfen - Fehler eingeschlossen! Denn nur durch eigenes Tun erleben Kinder, dass sie etwas bewirken können und werden dadurch selbstbewusst und selbstständig.


Warum engagieren Sie sich bei Spiel und Zukunft?

Spiel und Zukunft ist ein Verbund, der das Bewusstsein dafür fördert, was gesunde kindliche Entwicklung bedeutet und sich dafür einsetzt, dass Kinder kindgerecht aufwachsen können. Hinter diesen Inhalten stehen wir.


Sie bieten nicht nur behinderten Jugendlichen und Erwachsenen Arbeit, Wohnstätte und Geborgenheit in einer Dorfgemeinschaft, sondern auch Ausbildungen und Arbeitsplätze für jedermann. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Sehr, sehr gute Erfahrungen. 250 Menschen leben und arbeiten hier zusammen, wir sind ein richtiges Dorf mit einem Kultur-Café, einem Naturkostladen, einer Buchhandlung, einem Geschenkeladen, einer Gärtnerei sowie einem Demeter-Milch-, Schweine- und Ackerbauhof. Wir haben eine Metallwerkstatt, eine Holzwerkstatt, eine Tonwerkstatt, sowie eine Papier- und Lederwerkstatt, eine Weberei und sogar eine Betonwerkstatt. In allen Werkstätten können die unsere betreuten Mitarbeiter je nach Neigung und Fähigkeit unter Anleitung eines Werkstattleiters, der eine spezielle Zusatzausbildung absolviert hat oder eines Heilerziehungspflegers mit handwerklicher Ausbildung weitgehend selbstverantwortlich arbeiten.

Zudem sind wir ein florierender Ausbildungsbetrieb: bei uns können Menschen mit Behinderung die Werkstufe nach der Sonderschule G durchlaufen und wir bilden junge Frauen und Männer zum Heilerziehungspfleger sowie zum Schreiner, Landwirt, Gärtner, Keramiker und Handweber aus.


Warum ist gerade das selbstverantwortliche praktische Arbeiten für die Menschen mit Behinderung so wichtig?

Jeder Mensch, ob behindert oder nicht, ob Kind oder Erwachsener, möchte gebraucht werden und etwas Sinnvolles und Nützliches tun. Eine reine Beschäftigungstherapie macht keinen Menschen glücklich.

Die Kunst besteht darin, für jeden Menschen die Arbeit zu finden, für die er geschaffen ist, seine Fähigkeiten zu erkennen. Die Arbeit, die bei uns getan wird ist eine Herausforderung, die oft die ganze Hinwendung jedes Einzelnen erfordert. Am Ende eines immer langen, manchmal mühsamen Prozesses stehen ein handgearbeitetes, einzigartiges Produkt und der Stolz darauf, es geschafft zu haben. Die formschönen und wertvollen Dinge, sprechen davon. Hält man eines unserer Produkte in der Hand, so spürt man die Besonderheit des Herstellungsprozesses.

Genauso wichtig wie der Arbeitsprozess selbst, ist für unsere betreuten Mitarbeiter die Erfahrung, dass die von ihnen hergestellten Dinge auch tatsächlich gebraucht, sprich verkauft werden.

In einer Ihrer Werkstätten werden Fahrzeuge für Kinder hergestellt – Zimmerautos, Dreiräder, Laufräder, Holländer, Schubkarren und Roller. Wer überprüft die Sicherheit und Qualität?

Alle unsere Produkte werden vom einem Ingenieurbüro geprüft und entsprechen selbstverständlich der von der EU verlangten CE-Norm. Einige Produkte haben wir einem zusätzlichen Prüfverfahren unterzogen, sie tragen dann das GS-Zeichen.


Warum sind gerade Bewegungsspielzeuge für Kinder heute so wichtig?

Kinder verbringen heute zuviel Zeit im Sitzen. Als Eltern sind wir gefordert, sie trotz widriger Umstände, in Bewegung zu bringen, d.h. auch in der Stadt soviel wie möglich hinaus aus der Bude zu gehen, Spielplätze und Parks aufzusuchen, und am Wochenende Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen. Statt viel Geld für Museen und Kino auszugeben, gemeinsam die Natur zu erleben, dort soviel zu laufen, zu klettern und zu rennen, bis man nicht mehr kann. Die Erkenntnisse der Hirnforschung bestätigen es ja: Bewegung macht Kinder klug!


Wie groß ist das öffentliche Interesse an einer Einrichtung wie der Ihren?

Wir veranstalten jedes Jahr einen „Tag der Offenen Tür“, zu dem bis zu 1000 Menschen kommen. Unsere Läden und das Café sind auch unter dem Jahr gut besucht. Auf Anfrage führen wir auch interessierte Gruppen durch unsere Dorfgemeinschaft.

Ich möchte Sie und Ihre Leser herzlich einladen, vorbei zu kommen und uns zu besuchen!


Wird Ihrer Meinung nach zu wenig für behinderte Menschen getan? Welche Rahmenbedingungen müssten geschaffen werden?

Wenn wir die UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung ernst nehmen, muss gesagt werden, dass sich in der Bundesrepublik Deutschland in Zukunft gesellschaftliche Rahmenbedingungen grundsätzlich ändern müssen. Die UN Konvention geht von einer Inklusion von Menschen mit Behinderung aus. Dies hat weitreichende Folgen für die Rahmenbedingungen innerhalb der Gesellschaft. Abschaffung von Förderschulen, von Heimunterbringung und von Werkstätten für behinderte Menschen und ein entsprechendes Angebot innerhalb der Gesellschaft wären die daraus zu folgernden Konsequenzen. Wie eine solche umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für alle Menschen mit Behinderung realisiert und finanziert werden kann, ist bisher nicht zu beantworten

Frau Treubel, wir danken Ihnen für das Gespräch!

 

Weitere Informationen und Auskünfte zum Sortiment der Lebens- und Arbeitsgemeinschaft Lautenbach e.V. finden Sie auf deren Webseite www.lautenbach-ev.de

 
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